3.4 Leistungsschutzrecht für Verlage

Auch die Zeitungen kriseln und die Diskussion ähnelt natürlich von daher der Diskussion anderer vom Internet negativ betroffenen Organisationen und Unternehmen, auch wenn bei Zeitungsverlegern erstmal nicht das Urheberrecht der Sündenbock ist, sondern die "gratis Mentalität".

Allerdings hat das Internet bei den Zeitungsverlegern noch härter zugeschlagen, also in anderen Branchen, etwa der Kulturindustrie. Zum einen hat sich das Angebot dramatisch erhöht, zum anderen wird offensichtlich, dass es Schwächen gibt in der Recherche. Die Problematik beschreiben wir ausführlich in den Präliminarien zur www.economics-reloaded.de. Wir kürzen hier also ab.

Das erste Problem besteht darin, dass jede Zeitung, die online erscheint, global aufgerufen werden kann. Es gibt also nicht mehr, wie früher, EINE regionale Tageszeitung, in Freiburg im Br. etwa die badische Zeitung, sondern Hunderte. Damit sinken natürlich die Chancen, das Online Angebot kostenpflichtig zu machen, drastisch, bzw. sind nicht gegeben. Es reicht eine Zeitung, da die Inhalte weitgehend gleich sind, um zu verhindern, dass der Zugang zu dem Online Angebot kostenpflichtig ist. Der User wird nur bezahlen, wenn der Content einzigartig, das heißt recherchiert ist. Die Umformulierung von DPA / AFP / Reuter Nachrichten ist kein Alleinstellungsmerkmal, mit dem sich ein kostenpflichtiger Zugang durchsetzen lässt. Erschwerend kommt hinzu, dass die eigentliche Aufgabe der Presse, kritische Reflexion über gesellschaftliche / soziale / politische Fragen, Aufklärung von Sachverhalten, Information, Unterhaltung etc. zunehmend von Millionen Websites übernommen wird. Auch wenn Bernd Neumann meint, siehe Kulturstaatsminister Bernd Neumann zur Einführung des Leistungsschutzrechts für Presseverlage, dass Presseverlage ganz unentbehrlich sind für die Meinungsvielfalt und deshalb über ein eigenes Recht geschützt werden müssen, irrt er gleich an drei Punkten.

Die Öffentlichkeit ist zunehmend der Meinung, dass die Presse ein großer Einheitsbrei ist und das weltweite Online Angebot ausreichend mit Vielfalt versorgt, das ist das erste Problem. Das zweite Problem ist, dass der Gesetzgeber zwar qua Gesetz verfügen, dass für bestimmte Nutzungen Gebühren fällig werden, in diesem Fall ging es um den "Anriss" eines Artikels bei google, er kann aber nicht verfügen, dass diese Nutzung dann in Anspruch genommen wird. Google würde schlicht auf diese Nutzung verzichten und den entsprechenden Verlag aus dem Index werfen, wie er das mit belgischen Zeitungen schon getan hat. Diese kamen dann am nächsten Tag wieder angekrochen wie geprügelte Hunde und bettelten um Aufnahme.

Das dritte Problem ist, dass Bernd Neumann das Internet nicht auf dem Radar hat, es wahrscheinlich kaum nutzt. Es gibt einfach zu viele Leute, die von einem bestimmten Thema verdammt viel Ahnung haben und bereit sind, ihr Wissen über das Internet zu verbreiten. Da es im Internet ewig gespeichert wird, liefert das Internet auch zu jedem Thema Hintergrundinformationen ohne Ende. Der Kampf der Tageszeitungen, oder anderer Massenmedien wie Radio oder Fernsehen, sich als führende Informationsquelle zu behaupten, ist vollkommen hoffnungslos. Den Kampf kann man nicht gewinnen.

Die Pressevorlage übertrugen nun ihr Wirtschaftsmodell aus dem Printbereich in den Online Bereich. Das heißt, die Finanzierung sollte über Werbung erfolgen und da haben wir auch schon das nächste Problem. Im Printbereich wird der Werbekuchen auf eine überschaubare Anzahl von Zeitungen, Zeitschriften etc. aufgeteilt. Im Internet verteilt sich dieser Kuchen auf Hunderte von Millionen von Seiten.

Über google adsense, affilinet oder andere Dienste können Werbetreibende über zentrale Stellen Werbung schalten und das Perverse daran ist, dass diese Werbung zielgenauer, leichter auszuwerten und wesentlich billiger ist. Zielgenauer, weil man Werbung auf Websites schalten kann, die exakt die Zielgruppe ansprechen, die man erreichen will. Google macht das sogar automatisch. Leichter auszuwerten, weil man genau erfährt, aus welcher Region die Werbung aufgerufen wurde und billiger, weil der TKP (der Tausender Kontaktpreis, also den Preis, den man bezahlen muss, wenn eine Werbeeinblendung 1000 Mal erscheint) nur etwa 15 Prozent von dem ist, was Online Zeitungen kassieren. Zu guter letzt, und das hat den Zeitungen dann endgültig das Genick gebrochen, gibt es zu jeder Anzeigensparte inzwischen spezialisierte Dienste. www.monster.de für Jobs, www.immobilienscout24.de für Wohnungen, e-bay für alles, was man sonst so verkaufen und kaufen möchte etc. etc.. Kurzum: Die Zeitungen haben komplett geschlafen und werden den Rückstand auch nicht mehr aufholen können.

Es ist unter diesen Auspizien naheliegend, nach einem Sündenbock zu suchen, der die Misere erklärt und da bot sich, wie üblich, natürlich google an. Der mächtige Datenkrake, der sich kostenlos fremder Inhalte bemächtigt, damit Geld verdient und die Urheber enteignet. So weit die Theorie. Die Wirklichkeit sieht natürlich, ähnlich wie der Musikindustrie, bei Bildern und bei Texten etwas anders aus. Die Presseverlage sind für google schlicht irrelevant, er verdient an deren Inhalten nichts und wird folglich auch nichts dafür bezahlen. Das ist eigentlich offensichtlich, aber wer es tatsächlich mit statistischen Methoden bestätigt sehen will, kann sich diesen Artikel, siehe Presseverleger und Google - Zahlen zum Leistungsschutzrecht durchlesen.

Aber selbst wenn eine Recherche mit google ergiebiger mit Zeitungsartikeln wäre als ohne, wären die Verlage die Verlierer. Angenommen jemand sucht mehr Informationen zum Atomprogramm des Irans (mit den Suchwörtern Atomprogramm Iran erscheinen tatsächlich nach dem gründlich recherchierten Artikel von Wikipedia Zeitungsartikel), dann müsste er jede einzelne Zeitung abklappern, um zu schauen, ob die jeweilige Zeitung was dazu schreibt. Die Wahrscheinlichkeit, dass er das tut, ist gering. Erscheinen die Artikel hintereinanderweg, wird er unter anderem qua rechte Maustaste => Fenster in neuem Tab öffnen => Klick linke Maustaste ein paar Artikel überfliegen. Es ist also bombensicher, aus vielen Gründen, dass der Traffic für die Gesamtheit der Zeitungsverlage sinkt, wenn google sie aus dem index wirft, was google wiederum kaum stören dürfte. In diesem Beispiel hat google den Artikel an die erste Stelle gesetzt, der über das iranische Atomprogramm ausführlich (in diesem konkreten Fall sehr ausführlich) informiert. Bei diesen Suchbebgriffen hat der User wahrscheinlich das gesucht. Eine umfassende Darstellung. Zeitungsartikel hätte er bestenfalls überflogen, wenn sie leicht erreichbar sind.

 


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Vorwort
Ausgangspunkt


Das Urheberrecht aus
oekonomischer Sicht


Abmahn und Gegenabmahnindustrie


Rahmenbedingungen
der Rechtsanwaelte
Diskussion
der Problematik ausserhalb systemischer Zusammenhaenge


Detaillierte Darstellung des Verfahrens
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