Unter systemischer Kontrolle wollen wir Verfahren verstanden wissen, bei denen über bestimmte Parameter das Verhalten der handelnden Akteure in einer bestimmten Art und Weise gelenkt wird. Dies setzt, naheliegenderweise, eine enge Beziehung zwischen den beeinflussbaren Parametern und dem gewünschten Verhalten voraus. Die Wirtschaftswissenschaften, zumindest in ihrer heutigen akademischen Form, betrachten die Wirtschaft und die Gesellschaft systemisch. Die Wirtschaftsverfassung aller westlichen Demokratien, die soziale Marktwirtschaft, auf den Begriff kommen wir gleich zurück, lenkt die Wirtschaft systemisch.
Soll heißen, in den Preisen spiegeln sich hochkomplexe Produktions- und Präferenzverhältnisse. Diese haben eine Signalwirkung und die Individuen passen sich daran an. Dies sorgt für die optimale Allokation der Ressourcen. Was das konkret heißt, ist hier völlig egal, wer sich für Details interessiert, kann diese nachlesen auf www.economics-reloaded.de.
Auf jeden Fall ist die gesamtwirtschaftliche Torte dann am größten, wenn die Individuen auf die Preissignale reagieren. Das ist der marktwirtschaftlich, systemische Part des Begriffes soziale Marktwirtschaft. Der Part sozial funktioniert nach einem anderen Schema. Hier ergibt sich aus einem demokratischen Entscheidungsprozess, was ein nichtsystemischer Prozess ist, denn hier spielen Wertvorstellungen, subjektive Beurteilungen, Verantwortungsgefühl etc. eine Rolle, wie der Kuchen qua Besteuerung, Subventionierung, Transferzahlungen etc. zu verteilen ist.
Dieses Gewusel aus Wertevorstellungen, Irrtümern, subjektiven Empfindungen, Bildungsstand etc.etc. ist Wirtschaftswissenschaftlern immer suspekt. Damit befassen sie sich schlicht gar nicht. Volkswirtschaftlehre ist die Lehre von den Märkten. Radikalisiert wird das dann im Liberalismus à la Friedrich August von Hayek oder Milton Friedman. Diese wollen schlicht alle Organisationen durch Mechanismen gesteuert sehen, die ähnlich scharf funktionieren wie der Markt.
Das Problem ist, dass das nicht geht. Je weiter zum Beispiel Entscheidungen Auswirkungen auf die Zukunft haben, desto schwächer ist das Preissignal. Beim Bildungssystem z.B. können wir abstimmen. Zweite Fremdsprache Russisch oder Französisch, Latein streichen und dafür Perl oder weniger Geschichte aber dafür mehr Wirtschaft? Wir haben keine Preissignale.
Die Entscheidung über zu vermittelnde Bildungsinhalte wird in einem demokratischen Entscheidungsprozess erzielt, bzw. von der Partei bestimmt, die als Sieger aus einem demokratischen Entscheidungsprozess hervorgegangen ist. Diese haben dann irgendwelche Vorstellungen über die Zukunft. Die Anhänger von Geschichte als Schulfach machen sich z.B. Sorgen um die kulturelle Identität, meinen, dass man aus der Geschichte alles Mögliche lernen könne. Die Anhänger von Wirtschaft als Schulfach sehen die Gefahr, dass eine Bevölkerung, die von Wirtschaft keine Ahnung hat, periodisch durch den Kakao gezogen wird. Die Anhänger von Latein sind der Meinung, dass Latein das logische Denken schule, die Anhänger von Perl, oder einer anderen Programmiersprache, werden sich auf den Standpunkt stellen, dass programmieren das logische Denken noch viel mehr schule und zweitens die Informatik zusammen mit der Molekulargenetik die zentralen Wissenschaften der Zukunft sind usw. und so fort.
Es gibt also eine Menge Themen, z.B. das Justizwesen, das wir nicht systemisch lenken können. Soweit so schlecht. Das Problem zu konstatieren ist aber eine Sache, die Unlösbarkeit des Problems als Waffe einzusetzen eine andere. Wer jemals, wie der Autor, mit Controlling in der öffentlichen Verwaltung beschäftigt war, der kennt das Problem bis zum Überdruss. Jeder Amtsleiter eines jeden Presseamtes eines Bezirks in Berlin wird eine Begründung dafür finden, warum jeder Bezirk in Berlin ein Presseamt braucht und jeder der in irgendeinem Amt Statistiken erstellt, die kein Mensch liest, wird einen Grund finden, warum diese erstellt werden müssen. Die vage Zieldefinition wird zur Waffe zur Durchsetzung von Interessen. Allergisch reagieren Beamte immer dann, wenn ihre Leistung irgendwie konkret gemessen werden soll. Es ist von daher auch nicht besonders erstaunlich, dass der deutsche Richterbund die Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung ganz kritisch beäugt.
Nebenbemerkung: Wer hier aussteigt, der möge sich zuerst das Kapitel Kosten- und Leistungsrechnung durchlesen. Das ist nicht schwierig, aber hier kommt es jetzt ein bisschen knallig. Mit einer Kosten- und Leistungsrechnung hatte jeder, absolut jeder, schon mal was zu tun, denn die Abrechnung der Nebenkosten der Wohnungen am Ende eines jeden Jahres ist eine Kosten- und Leistungsrechnung. Wer sich die mal genauer anschaut, was viel Geld sparen kann, der wird feststellen, dass da alle möglichen Kostenarten, Kosten für Licht im Treppenhaus, Kosten für den Hausmeister, Gartenpflege, Müllabfuhr, Gewerbesteuer etc. über unterschiedliche Schlüssel, Wohneinheit, Personen, Quadratmeterzahl umgerechnet werden.
Der deutsche Richterbund allerdings hat nicht so richtig verstanden, um was es sich hierbei handelt.
Bei der Kosten- und Leistungs-Rechnung ist daher nicht - wie zurzeit - von einem operativen Produktverständnis (Verfahrensdurchführung), sondern von einem wirkungsorientierten Produktverständnis (Schaffung von Rechtssicherheit, Rechtsfrieden, materieller Gerechtigkeit u. a.) auszugehen. Die hierfür erforderliche "Messmethode" muss entwickelt werden. Dies kann nur unter Mitwirkung der Richter und Staatsanwälte geschehen.
aus: Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Abschlussbericht der Arbeitsgruppe "Neues Steuerungsmodell"
(Aussagen des Deutschen Richterbundes können wohl als repräsentativ bezeichnet werden. Ihm gehören 15000 Richter und Staatsanwälte an. Insgesamt gibt es in der BRD 20000 Richter und 5000 Staatsanwälte. Eine telefonische Rücksprache ergab, dass der Autor des Abschnitts über das "Neue Steuerungsmodell" nur schwer zu ermitteln ist. Der Aufforderung, auf die Fehler hinzuweisen, sind wir nicht nachgekommen, da nur "eine Hoffnung" bestand, den Autor zu ermitteln. Wenn dem deutschen Richterbund nicht klar ist, wer auf seiner Website was schreibt, dann braucht er eigentlich auch keine Website, weil er sie offensichtlich nur sehr lustlos betreibt.)
Der Autor würde sagen, dass der deutsche Richterbund von Kosten- und Leistungsrechnung nicht den allerblassesten Schimmer der allerblassesten Ahnung hat. Ein "operatives Produktverständnis" gibt es in der Wirtschaft nur bei Massen- bzw. Serienfertigung und, in geringerem Masse, bei Sortenfertigung (unterschiedliche Produkte aus identischen Bauteilen). In diesem Fall können die Kosten runtergerechnet werden bis zum Kostenträger, also, vereinfacht gesprochen, dem marktfähigen Endprodukt.
Mit "wirkungsorientiertem Produktverständnis" wollen sie letztlich sagen, dass das Produkt der Justiz, also Urteile, etwas darstellt, was sich jeder Beurteilung, insbesondere einer monetären, entzieht. Damit wird natürlich der Frage, was dieses Produkt dann eigentlich kosten darf, konsequent ausgewichen.
Das „wirkungsorientierte Produktverständnis“, gemeint ist wohl die Herstellung des „Rechtsfriedens“, „Rechtssicherheit“, „Prävention“ etc. ist so weich, dass man die Ermittlung der Kosten obsolet wird. Übertragen auf die Automobilindustrie bedeutet dies, dass nicht die Kosten eine einzelnen Autos zu ermitteln sind, sondern allgemein die der Mobilität.
Das Produkt der Rechtssprechung sind aber die ganz konkreten Urteile. Und was die Produktion selbiger kostet kann man sehr wohl berechnen und man kann auch sehr konkret eine Beziehung zu den Kosten herstellen.
Die Argumentation des deutschen Richterbundes, dass sich die Rechtssprechung nicht qualitativ bewerten lasse, was natürlich auch jedes Bestreben die Kosten zu beziffern obsolet werden lässt, ist im übrigen ein Rohrkrepierer. Ist die Qualität eines Urteils für niemanden ersichtlich, kann man im Zweifelsfalle auch die Kosten senken. Wenn niemand einen qualitativen Unterschied zwischen einem Urteil für 80 Euro und einem für 400 Euro erkennen kann, ist das für 80 Euro besser. Es ist dann in der allgemeinen Wahrnehmung so schlecht oder gut wie das für 400 Euro, aber wesentlich billiger. Das Urteil, das dieser Analyse zugrunde liegt, hätte eigentlich jeder Laie in einer halben Stunde erstellen können.
Wir sehen schon an diesem kurzen Abschnitt ein für öffentliche Verwaltungen ganz typisches Muster, wobei wir bei der Justiz das Phänomen in Vollendung betrachten können, wie das dieser Untersuchung zugrunde liegende Beispiel anschaulich illustriert. Da es keine objektiven Kriterien für die Qualität der Produkte der Justiz gibt, lässt sich natürlich schlecht ermitteln, was dieses Produkt denn nun eigentlich kosten darf. Der ganz Link, der Stellungnahme des deutschen Richterbundes zu Controlling im Justizwesen, argumentiert defensiv, beschreibt ausführlich, was alles nicht geht. Im Aufzeigen was alles nicht geht, sind öffentlichen Verwaltungen Weltmeister. Was sie jedoch verkennen ist, dass Unternehmen weit, aber weit komplexere Bereiche, z.B. die Ergebnisse von Forschung und Entwicklung, von Marketingmaßnahmen, Risiken bei Einführung neuer Produkte etc. durchaus kostenseitig erfassen. Wir kommen darauf in 2.1.1 kritische Reflexion über die Kosten- und Leistungsrechnung zurück.
Richter gehen davon aus, dass sie einen ganz schwierigen Job haben. Die Wahrheit ist, dass, wie in diesem Fall, die Tätigkeit äußerst simpel ist und im Grunde auch nach dreistündiger Einarbeitungszeit erledigt werden könnte. Im Bereich Urheberrecht kämen Profis aus der Wirtschaft, die real mit solchen Fragen zu tun haben, zu einem nachvollziehbareren Ergebnis als ein Laie wie Frau Benz, die schon am materiellen Recht gescheitert ist, 7.4 Urteil.
Im übrigen stellt sich die Frage nach dem "wirkungsorientierten Produktverständnis", eine urige Wortschöpfung, ohnehin erst auf der Kostenträgerebene, nicht aber auf der Kostenstellenebene. Es ist ohne weiteres möglich, die Kosten zumindest mal auf die Kostenstellen weiterzurechnen. Sinnvoll als Kostenstelle wäre Familiensachen, Mahnsachen, Zivilsachen, Insolvenzsachen, Zwangsvollstreckungen, Jugendstrafrechtssachen, Verwaltungssachen etc. etc.. Allgemeine Kostenstellen wie Präsidium, Instandhaltung, Pressestelle, Wachpersonal wären über geeignete Gemeinkostenschlüssel umzulegen. Zu vermuten ist, dass bei dem jetzigen Verfahren, Buchung allein aus Kapiteln und Titeln, was eine reine Kostenartenrechnung ist, manche Kostenstellen andere quersubventionieren. Die exorbitanten Kosten bei zivilrechtlichen Verfahren, in unserem Fall über 500 Euro für 20 Minuten, kommen wohl dadurch zustande, dass zivilrechtliche Verfahren die strafrechtlichen Verfahren quersubventionieren. Schon das ist nicht einzusehen. Wieso soll jemand, der einen Zivilprozess führt, eine genuine gesamtstaatliche Aufgabe wie die Strafverfolgung subventionieren?
Hat man die Kostenarten mal auf einer Kostenstelle, kann man, so es tatsächlich nicht gelingt, geeignete Schlüssel für die Weiterverrechnung auf Kostenträger zu finden, einfach durch die Anzahl der Urteile teilen. Dann hätte man mal so etwas wie harte Kennzahlen. Da sich der Schwierigkeitsgrad im statistischen Mittel bei Verfahren im gleichen Themenbereich ausgleichen dürfte, zumindest wenn die Bevölkerungsstruktur ähnlich ist, kaum anzunehmen, dass sich im statischen Mittel ein Scheidungsverfahren in Frankfurt von einem Scheidungsverfahren in Hamburg unterscheidet, könnte die Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit auch verglichen werden. Bei Differenzen entsteht dann auf jeden Fall mal ein Klärungsbedarf.
Ob sich der Unterschied daraus ergibt, dass das eine Gericht mehr Rechtssicherheit, Rechtsfrieden und materielle Gerechtigkeit geschaffen hat als das andere, kann man dann öffentlich darstellen, allerdings bezweifelt der Autor, dass dies gelingt. Bewerten kann man nur konkrete Urteile und wir werden noch sehen, wenn wir die Urteile analysieren, die diesem Verfahren hier zugrunde lagen, dass man hier sehr wohl harte Kriterien finden kann. Ein ganz hartes Kriterium wäre z.B. die Beherrschung des materiellen Rechts. In dem Verfahren hier ist die Richterin, also Frau Benz, schon auf diesem Niveau gescheitert.
Da es sich bei Gerichten aus betriebswirtschaftlicher Sicht um sehr einfache "Unternehmen" handelt, reine Dienstleistungsbetriebe, kein Einsatz von Roh-, Hilf- und Betriebsstoffen, keine Anlagen und Maschinen, keine komplexen Produktionsvorgänge, kein Zusammenspiel unterschiedlicher Abteilungen (Entwicklung, Marketing, Vertrieb, Produktion, Buchhaltung, Rechtsabteilung etc.etc) ist die Weiterwälzung von Kostenarten auf Kostenstellen auch technisch ein trivialer Vorgang. Der Schlüssel sind schlicht die Anzahl der Mitarbeiter in der jeweiligen Kostenstelle. Die Einnahmen wiederum werden der Kostenstelle direkt zugeschrieben. (Wobei diese unter Controllinggesichtspunkten irrelevant sind.)
Schwieriger war hier die Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung in Berlin, das hat der Autor mal als Dozent begleitet. Riesige Verwaltungen, wie die in Berlin, bringen es auf ein paar Tausend Kostenträger auf die x Kostenarten über x Kostenstellen mit x Schlüsseln weitergewälzt werden müssen.
Der Autor kann dem Richterbund ganz zuversichtlich versichern. Die Implementierung einer Kosten- und Leistungsrechnung für ein kleines Amts- / Landgericht ist ohne Probleme durchführbar. Jedes etwas größere mittelständische Unternehmen hat hier mit ganz, aber ganz anderen Problemen zu kämpfen.
Allerdings vermutet der Autor, dass der Richterbund keine Ahnung vom betrieblichen Rechnungswesen hat. Er schreibt:
Durch die differenzierte Kostenabbildung entsteht eine Kostentransparenz, die es dem Haushaltsgesetzgeber (dem Parlament) erstmals konkret ermöglicht, die Mittel für belegbare Kosten auf der Basis prognostizierter Eingänge und Erledigungen zuzuweisen. Bei Unterveranschlagungen wären daher künftig entstehende Rückstände vorhersehbar und nachweisbar, die politische Verantwortung dadurch belegbar zuzuordnen. Das Parlament in seiner legislativen Funktion wäre auch erstmals in der Lage, gesetzgeberische Initiativen vorab auf ihre Kostenauswirkungen überprüfen und berechnen zu können und Erkenntnisse daraus in das Gesetzgebungsverfahren einfließen zu lassen.
aus: Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Abschlussbericht der Arbeitsgruppe "Neues Steuerungsmodell"
Also: Die Abbildung schafft Transparenz. Das stimmt. Aber irgendwie wird der Autor den Verdacht nicht los, dass die Null Plan haben. Wir sind im Bereich der öffentlichen Verwaltung und damit in der Kameralistik. Das heißt, die Behörden bekommen am Anfang des Jahres die Gelder auf die entsprechenden Kapitel und Titel zugewiesen. Von dort werden die Kosten dann in dem Maße in dem sie abfließen auf die Kostenstellen bzw. Kostenträger weitergewälzt. BELEGBAR allerdings sollten die Kosten, die weitergewälzt werden schon sein, einfach aus dem Fenster werfen is nich. Allerdings hat das mit der Kosten- und Leistungsrechnung nichts zu tun.
Der Beleg ergibt sich aus den konkreten AUSGABEN, das ist ein ganz anderes Rechnungssystem. Kosten allerdings können auch ohne Beleg anfallen, z.B. kalkulatorische Kosten wie etwa der ganz erhebliche Posten Pensionen oder kalkulatorische Mieten / Zinsen. Allerdings erlaubt die Kosten- und Leistungsrechnung überhaupt nicht, ganz und gar nicht, irgendwelche Unterdeckungen bzw. Überdeckungen zu prognostizieren und noch viel weniger bedarf es einer Kosten- und Leistungsrechnung, um diese nachzuweisen. Wenn kein Geld mehr auf dem Kapitel / Titel ist, dann ist da eben kein Geld mehr da und wenn am Ende vom Jahr noch welches drauf ist, dann bricht eben das Dezemberfieber aus.
Das hat mit Kosten- und Leistungsrechnung nichts, nicht das Allergeringste zu tun. Die Kosten- und Leistungsrechnung erlaubt aber unter Umständen nachzuweisen, wieso es zu dieser Unter- / Überdeckung kam, allerdings muss dann eine PLANKOSTENRECHNUNG erstellt werden. In diesem Fall nimmt man die Kosten des Vorjahres, eventuell korrigiert um prognostizierbare Abweichungen, etwa, wie in Berlin, die Kosten des konkurrierenden Bezirks, und prognostiziert die Kosten.
Wurde also für eine Scheidung mit einem Stückpreis von 154 Euro kalkuliert (damit kalkuliert Berlin, siehe Haushaltsplan von Berlin) und die Kosten betrugen tatsächlich 180 Euro, dann ist etwas schief gelaufen. Das heißt aber noch lange nicht, dass die Politik die Schuld trägt an der Abweichung.
Die Schuld kann auch ein bummelnder Richter tragen. Was aber eine Kostenträgerrechnung tatsächlich zeigen würde und das wäre für die Richter eher unangenehm, ist die Differenz zwischen den Gerichtsgebühren und den tatsächlich anfallenden Kosten. Das Parlament wird aber aufgrund einer Kostenrechnung, selbst wenn diese als Kostenträgerrechnung durchgeführt wird, keine Prognosen erstellen können, da die Fallzahlen unbekannt sind. Üblicherweise, zumindest ist das in Berlin so, werden die Fallzahlen des Vorjahres genommen.
Die hier vorgeschlagene Methode, Verrechnung auf Kostenstellen, wäre zwar immer noch Schwachsinn, aber immerhin besser, als die GESAMTEN KOSTEN des Amtsgerichts durch ALLE Urteile zu teilen. Eine andere Methode hat die Justizverwaltung in Berlin gewählt. Sie überspringt die Kostenrechnung und verrechnet direkt auf Kostenträger, siehe Haushaltsplan von Berlin. Man kann es auch anders formulieren. Die Kostenstellen werden zu Kostenträgern. Kostenträger sind dann bestimmte Verfahren (Scheidung, Testamentsvollstreckung, Ermittlungen etc.). Die Kostenträger sind zu Kostenträgergruppen zusammengefasst. Der Richterbund ist also von der Praxis etwas überrannt worden. Die Praxis ist da weiter.
Die genaue Ausgestaltung der Kosten- und Leistungsrechnung ist aber gar nicht der interessante Punkt. Der interessante Punkt, weil er typisch ist für öffentliche Verwaltungen, genauer gesagt typisch für die dort Beschäftigten, ist die destruktive Haltung. Vorschläge der Politik werden zwar mit fadenscheinigen Argumente abgelehnt, aber es wird auch kein konstruktiver Gegenvorschlag gemacht. Die ganze Argumentationsweise ist dem Autor sehr, sehr vertraut. Er hat solche Diskussionen live schon x Mal geführt. Der deutsche Richterbund führt dann weiter aus. NSM steht für neues Steuerungsmodell, Neudeutsch für Controlling der Verwaltung.
Das NSM birgt die Gefahr sachfremder Verfahrenssteuerung. Es zielt mit seinen Elementen Budgetierung, Kosten- und Leistungs-Rechnung und Controlling u. a. auf die steuernde Einflussnahme auch der Art und Weise der Leistungserbringung vor Ort. Dies mag im Bereich der Exekutive richtig und sinnvoll sein, für den Bereich der richterlichen Tätigkeit ist es aber der falsche Ansatz. Die rechtsprechende Gewalt ist bei der Erfüllung ihrer Aufgaben an Gesetz und Recht gebunden. Gegenstand der Steuerung kann daher nicht die Rechtsprechung sein; allenfalls kommt eine Steuerung des Umfeldes der Leistungserbringung in Betracht.
aus: Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Abschlussbericht der Arbeitsgruppe "Neues Steuerungsmodell"
Eine Budgetierung findet auch in der Kameralistik statt, nur dass sie ungenauer ist. Auch in der Kameralistik werden am Anfang des Jahres auf die entsprechenden Kapitel und Titel Mittel zugewiesen, die sich dann mit den tatsächlichen Ausgaben decken sollen. Die Kosten- und Leistungsrechnung ändert hieran nur insofern etwas, als es unter Umständen gelingt, harte Kennziffern zu ermitteln, die eine Optimierung von Geschäftsabläufen erlauben, bzw. ungeeignetes Personal auszufiltern. Stellt man z.B. fest, dass in Hamburg eine Scheidung nur 150 Euro kostet in Frankfurt aber 180 Euro, dann wird man, wenn man mit 3000 Fällen in Frankfurt rechnet, an Frankfurt eben nur 3000 X 150 = 450 000 Euro zuweisen und nicht 3000 X 180 = 540 000 Euro. Das heißt man nimmt den ambitionierteren Wert.
Die Aussage, dass über Controlling eine steuernde Einflussnahme auf die Leistungserbringung erzielt werden soll, ist nun ulkig. Es ist völlig logisch, dass immer versucht wird, ein Ziel mit dem geringsten Aufwand zu erreichen und Controlling verfolgt nun eben mal das Ziel, Verfahren zu optimieren. Dann wird aber mit dem Satz "Die rechtsprechende Gewalt ist bei der Erfüllung ihrer Aufgaben an Gesetz und Recht gebunden" ein Argument ins Spiel gebracht, dass typisch ist für die öffentliche Verwaltung. Insinuiert wird, dass bei effizienter Leistungserbringung die Bindung an Gesetz und Recht nicht mehr gewährleistet ist. Da aber der Parameter, an dem der Zielerreichungsgrad, also die Bindung an Recht und Gesetz, unbestimmt bleibt, bleibt natürlich auch der Mitteleinsatz unbestimmt. Ist Größe, Ausstattung, Lage eines Hauses etc. bestimmt, lassen sich Aussagen über die Baukosten machen. Liegen diese Parameter nicht fest, wird also zum Beispiel schlicht gesagt, dass das Haus höchsten Ansprüchen zu genügen habe, dann lassen sich auch die Baukosten nicht berechnen. Die Weigerung, klare Parameter zu nennen, an denen der Zielerreichungsgrad gemessen werden kann, ist eine allgemeine Taktik von Verwaltungen, mit der sie versuchen, sich jeder systemischen Kontrolle zu entziehen. Das Schema ist aus x Zusammenhängen bekannt.
Es kommt aber noch dicker. Nachdem festgestellt wurde, dass die Weiterwälzung der Kosten auf einzelne Personen abzulehnen ist, weil dies Unterschiede im Ressourcenverbrauch offenbaren und damit einen Vergleich zwischen den Kollegen ermöglichen würde, was unter Umständen auch Einfluss auf die Beförderung haben könnte und soziale Druck ausüben würde, steht dann das.
Ein sog. Benchmarking ist daher abzulehnen. Ein derartiger innergerichtlicher oder innerbehördlicher Wettbewerb birgt die Gefahr in sich, dass Rechtsprechung zunehmend nach ökonomischen Gesichtspunkten betrieben wird. Richterliches Entscheidungs- oder staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverhalten darf sich aber nicht vordringlich an Effizienz- oder Ökonomieüberlegungen ausrichten.
Zur Vermeidung einer solchen Entwicklung ist das "Runterbrechen" des Budgets auf einzelne Richter oder auch nur Kammern bzw. Senate abzulehnen, ebenso wie die Veröffentlichung der personenbezogenen Finanzdaten sowohl gerichtsintern wie auch deren Weitergabe an übergeordnete Behörden.
aus: Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Abschlussbericht der Arbeitsgruppe "Neues Steuerungsmodell"
Ein Runterbrechen der Kosten auf einzelne Richter wäre gar nicht nötig. Führt man eine Kostenträgerrechnung durch, lassen sich diese mit einer Kennzahl versehen, die auf einen Richter verweist. Man müsste dann nur noch aggregieren, was mit handelsüblichen EDV Systemen, SAP oder ProFiscal ohne Weiteres möglich ist. Da sie aber schon die Weiterwälzung von Kosten auf Personen ablehnen, erübrigt sich auch die Frage nach der Veröffentlichung personenbezogener Daten. Was nicht bekannt ist, kann nicht veröffentlicht werden. Auch hier haben sie wieder klare Vorstellungen darüber, was sie alles nicht wollen. Sehr viel weniger klar ist, was sie eigentlich wollen. Insbesondere würde nämlich brennend interessieren, welche konkreten Vorschläge sie machen für geeignete Parameter, Kennziffern, mit denen sich die Qualität der Justiz messen lässt. In Bezug auf die Messmethode, also Kennziffern und Parameter, mit der sich Qualität messen lässt, heißt es lapidar.
Die hierfür [gemeint ist das "wirkungsorientierte Produktverständnis", also die Schaffung von Rechtssicherheit, Rechtsfrieden und materieller Gerechtigkeit] erforderliche "Messmethode" muss entwickelt werden. Dies kann nur unter Mitwirkung der Richter und Staatsanwälte geschehen.
aus: Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Abschlussbericht der Arbeitsgruppe "Neues Steuerungsmodell"
Da würde der Autor sagen, dass auf der Festplatte eines Servers viel Platz ist, sie hätten also Gelegenheit gehabt, diese Maßstäbe darzustellen. Ein Maßstab wäre zum Beispiel, dies ist ja unter anderem ein Thema in dem dieser Analyse zugrunde liegenden Fall, die Kenntnis des materiellen Rechts.
Der Text ist von beeindruckender Dunkelheit.
Die Besonderheiten der Justiz erfordern es zwingend, dass Kostenfaktoren, auf die die Richter/Staatsanwälte keinen Einfluss haben und nicht haben sollen, ebenfalls von der Budgetierung auszunehmen sind. Dabei handelt es sich um die sog. Auslagen in Rechtssachen im weitesten Sinne wie auch die Einnahmen, die im Wesentlichen durch die Gerichtskosten geprägt sind. Die Höhe des Streitwerts hat sich ausschließlich am Gesetz, nicht aber an Möglichkeiten der Einnahmenerzielung zu orientieren.
aus: Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Abschlussbericht der Arbeitsgruppe "Neues Steuerungsmodell"
Das ist nun abenteuerlich. Ziel einer Kosten- und Leistungsrechnung auf Vollkostenbasis, auf Teilkostenbasis werden Deckungsbeiträge berechnet, was nur in marktwirtschaftlich agierenden Untenehmen sinnvoll ist, ist nun mal der Ausweis aller Kosten. Wenn man wissen will, was ein Produkt "kostet", in der Wirtschaft sind Kosten etwas relativ, aber das können wir hier vernachlässigen, dann sind eben alle Kosten anzusetzen. Beim Ansatz der Kosten geht es nie darum, ob man sie vermeiden kann oder nicht. Es geht um die Frage, ob sie in einer bestimmten Entscheidungssituation relevant sind oder nicht.
Vermutlich unterliegt der unbekannte Autor dieses Artikels demselben Irrtum, dem Angestellte im öffentlichen Dienst oft unterliegen. Amtsleiter, die für Volkshochschulen verantwortlich sind, sind auch immer der Meinung, dass die Miete für das Gebäude, in dem die Volkshochschule untergebracht ist, nicht anzusetzen sind, wenn dieses der Stadt / der Gemeinde gehört und keine Miete bezahlt wird. Das ist ein Irrtum. Will man zum Beispiel einen Vergleich herstellen zu anderen Volkshochschulen, die Miete bezahlen, sind kalkulatorische Mieten anzusetzen. Auslagen, die sich aus einer internen Leistungsverrechnung zwischen verschiedenen Behörden ergeben, sind natürlich anzusetzen, genau wie Auslagen, die sich durch externe Gutachten ergeben. Hier gibt es keinen Unterschied zwischen einem Unternehmen und einer Verwaltung. Bringt ein Unternehmen der Pharmaindustrie ein neues Produkt auf den Markt, dann sind alle Kosten, die Kosten für Forschung und Entwicklung, die Kosten für Patentschutz, die Kosten für Studien, Rechtsgutachten, Vermarktung etc. diesem Produkt zuzurechnen. Ob sie "vermeidbar" sind oder nicht ist völlig egal.
Was hiermit die Einnahmen zu tun haben ist endgültig schleierhaft. Auf der Ebene der Kosten- und Leistungsrechnung haben wir erstmal gar keine Einnahmen, wir haben Leistungen. Allerdings werden natürlich die Leistungen nicht mit den Kosten saldiert. Würde man dies tun, wäre die Kosten- und Leistungsrechnung sinnlos. Man erstellt auf der einen Seite die Kostenrechnung und auf der anderen Seite und unabhängig davon eine Leistungsrechnung. Nur dann können komplexe kaufmännische Kalkulationen, Deckungsbeitragsrechnung, Zuschlagskalkulation, Fixkostendeckungsbeitragsrechnung etc. durchgeführt werden. Die Gerichtskosten, also die "Einnahmen", werden natürlich nicht mitgerechnet. Denn das ist das eigentlich Spannende. Was kostet das Justizprodukt tatsächlich und was verlangt das Gericht dafür. Hier gäbe es wahrscheinlich ganz überraschende Ergebnisse.
Ob sich Richter hinsichtlich der Komplexität ihrer Aufgaben tatsächlich irren, oder ob bewusst die vermeintliche Schwierigkeit die Qualität des Justizproduktes zu messen als Waffe im Verteilungskampf eingesetzt wird, ist schwer zu sagen. Die persönliche Erfahrung des Autors als Dozent im Bereich Controlling in der öffentlichen Verwaltung würde eher letzteres nahe legen.
Objektiv gesehen haben wir es mit einfachen Strukturen zu tun. Wirklich schwierig ist zum Beispiel die Evaluierung von Forschungsergebnissen und die darauf basierende Mittelzuweisung durch die DFG, BmbF, EU Kommission etc. etc.. Die Komplexität beim X-ten Verkehrsunfall wegen nicht beachteter Vorfahrt, beim X-ten Scheidungsprozesse, beim X-ten Ladendiebstahl, bei der X-ten Anklage wegen Körperverletzung etc. etc. ist durchaus überschaubar. Selbst die Markteinführung einer neuen Tiefkühltorte ist im Vergleich dazu ein äußerst komplexer Vorgang. 99 Prozent der Leser dieser Zeilen wären gnadenlos überfordert, wenn sie den optimalen Preis für eine neue Tiefkühltorte berechnen müssten. Von der konkreten Organisation des Marketings und des Vertriebes mal ganz abgesehen. (Der Autor schließt sich in diese Gruppe der hierfür Unfähigen mit ein.) Bei der Frage, ob ein eventuell entwendeter Rabattbonus über 1,30 Euro zu einer fristlosen Kündigung führen kann, kämen 99 Prozent der Leser innerhalb von 2 Minuten zu einer ganz eindeutigen Lösung, siehe Ein Leben für 1,30 Euro.
Im Bereich Urheberrecht ist der Vorgang inzwischen sogar seitens der Anwälte automatisiert. Wir können auch bei dem Verfahren, das dieser Analyse zugrunde liegt, nicht mal ansatzweise eine besondere Komplexität erkennen. Beeindruckt sind wir lediglich davon, dass das Amtsgericht Hannover selbst an dieser überschaubaren Aufgabe gescheitert ist und zwar nicht auf hohem Niveau, also da, wo das Phänomen aus ökonomischer Sicht betrachtet wird, sondern auf ganz niedrigem Niveau, an der schlichten Kenntnis des materiellen Rechts. Dass bei Unterlassungsschulden keine gesamtschuldnerische Haftung möglich ist, ist very basic. Und dass der § 32 einen ganz anderen Sachverhalt regelt als § 97, hätte man erkennen können, wenn man den Paragraphen mal nachgeschlagen und nicht einfach aus dem Schriftsatz des Klägers kopiert hätte.
Soll aber die Qualität gemessen und kontrolliert werden, dann kann dies folgendermaßen geschehen. Hierbei kann der eigentlich kritische Punkt, die Qualität des Urteils, vollkommen außen vor bleiben.
- Die Gerichtskosten werden ermittelt auf Basis der durchschnittlichen (bezogen auf ein Amtsgericht / Landgericht) Kosten des Kostenträgers. Hierbei kann ein Verfahren angewendet werden, wie es in der Justizverwaltung in Berlin bereits verwirklicht ist. Der Kostenträger ist also das Rechtsgebiet, in diesem Fall das Urheberrecht. Eventuell kann man, wie in Berlin, das Rechtsgebiet zur Kostenträgergruppe erklären und dann weiter verteilen. (Oder, wie der Autor vorgeschlagen hat, das gesamte Rechtsgebiet als Kostenstelle erklären und dann auf Kostenträger umrechnen. Das wäre fast dasselbe, aber man verbliebe in der eingeführten Terminologie.) Der Streitwert ist dann völlig irrelevant. Zwischen dem Streitwert und den tatsächlich durch das Verfahren verursachten Kosten besteht kein Zusammenhang. Ein Scheidungsprozess wird nicht notwendigerweise teurer, nur weil die Ehepartner mehr verdienen und die Kosten eines Verfahrens aufgrund von Kündigung einer Mietwohnung wegen Eigenbedarf steigen nicht mit der gezahlten Miete. Hierbei sind die Kostenträger auf der Website des Amtsgerichtes / Landesgerichtes auszuweisen. Anzusetzen sind jeweils die Werte des Vorjahres + 2,5 Prozent als Inflationsausgleich. Budgetiert, also im Länderhaushalt zugewiesen, werden dann die Kosten des Kostenträgers multipliziert mit den prognostizierten Fallzahlen. Dies würde auch garantieren, dass sich Kostenstruktur an die Auslastung automatisch angleicht. Wo das Justizwesen öffentliche Aufgaben wahrnimmt, die nicht kostendeckend sind, sind die Kosten vom Steuerzahler zu zahlen. Eine Quersubventionierung ist unzulässig. Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum derjenige, der ein Verfahren wegen einer mangelhaften Leistung seines Zahnarztes führt, einen Beitrag leistet zur allgemeinen Strafverfolgung. Wer ein Smartphone kauft, finanziert ja auch nicht das Auto anderer Leute.
- Wirtschaftswissenschaftler sind darauf trainiert, rationales Verhalten innerhalb eines gegebenen, plausiblen Ordnungsrahmens zu analysieren. Juristen sind folglich für Wirtschaftswissenschaftler eine echte Herausforderung, weil das mit Wirtschaft nichts mehr zu tun hat. Basis der Honorarvergütung für Rechtsanwälte ist der Streitwert. Lässt sich also ein Paar scheiden, zugrunde gelegt wird das Jahreseinkommen der Ehepartner, das ordentlich verdient, ist der Streitwert und damit die Vergütung viel höher, als wenn sich ein Paar scheiden lässt, das auf dem Niveau des Existenzminimums liegt, auch wenn bei dem guten verdienenden Paar sich man in aller Freundschaft innerhalb von zwei Stunden trennt und sich der Prozess bei dem anderen Paar über Jahre hinzieht. Leistung und Vergütung sind also völlig entkoppelt. Wir haben es hier mit einem, ökonomisch betrachtet, derartig skurrilen Verfahren zu tun, dass auch der gewiefteste Wirtschaftswissenschaftler vor einer echten Herausforderung steht. Das ist nicht gerade ein klassischer "Lehrbuchfall".
Will man die Streitwertlogik irgendwie sinnvoll einordnen, könnte man sie als eine Art Zuschlagskalkulation interpretieren. Eine Zuschlagskalkulation haben wir zum Beispiel im KfZ-Bereich. Das heißt auf jede Arbeitsstunde wird pauschal über Prozentsätze die Kosten für Miete, Hebebühne, Buchhaltung und andere fixe Gemeinkosten draufgeschlagen. Die Summe der Zuschläge [(Zuschläge pro Stunde] * Stundenzahl = fixe Gemeinkosten] ergibt dann die tatsächlich anfallenden Kosten. Das Verfahren ist aus der Sicht der Kostenrechnung problematisch, wird aber, auch im Handel, verwendet, weil es keine Alternative gibt.
(Man kann schlecht die Reifen wechseln, was in einer halben Stunde gemacht ist und dann nochmal 1000 Euro fixe Gemeinkosten draufhauen und für das Auswechseln des Motors, was 8 Stunden dauert, auch 1000 Euro.)
Irgendwie scheint hinter der Streitwertlogik die Idee zu stecken, dass teure Prozesse die billigen Prozesse subventionieren, was irgendwie sinnvoll wäre, wenn es einen Zusammenhang gäbe zwischen Arbeitsaufwand und Streitwert. Gäbe es einen solchen Zusammenhang, wäre es eine Lohnzuschlagskalkulation, auf jede Arbeitstunde wird ein prozentualer Gesamtkostenzuschlag erhoben. Tatsächlich besteht ein solcher Zusammenhang aber nicht, aber dafür liefert der Streitwert erhebliches Potential zu Fehlanreizen. Er kann, wie im Fall des Urheberrechts, eine ganz neue Industrie hervorbringen: Die Abmahnindustrie.
Es ist bei diesem System vollkommen klar, dass die Rechtsanwälte, sowohl der des Klägers wie der des Beklagten eine Interesse daran haben, den Streitwert möglich hoch anzusetzen, was wiederum bedeutet, dass der eigentlich ökonomisch interessante Aspekt bei Abmahnverfahren, der Streitwert, der durch die Abmahnung selbst ausgelöst wird, an der wiederum eigentlich keiner ein wirkliches Interesse hat, gar nicht zur Sprache kommt. Das führt dann zu den völlig abstrusen Streitwerten, in diesem Fall, also dem Fall der dieser Analyse zugrunde liegt, 2000 Euro, wobei aber auch mit 13000 Euro gewunken wurde. Eine qualitative Steigerung könnte also dadurch erreicht werden, dass man den Hokuspokus mit "Organ der Rechtspflege" und Ähnlichem beerdigt und zu den Grundsätzen der marktwirtschaftlichen Ordnung zurückkehrt, so wie das in jedem anderen Land der Erde auch bei Rechtsanwälten gehandhabt wird und auch sonst die Norm ist in der Wirtschaft: Bezahlt wird entweder nach Erfolg oder nach einem frei vereinbarten Satz. Denkbar wäre noch das System Arzt / Zahnarzt. Jede Tätigkeit wird genau beschrieben und dafür gibt es dann ein Honorar. Das funktioniert natürlich nur, naheliegenderweise, im Zivilrecht.
Die Wirkung auf die Qualität der Urteile wäre am durchschlagendsten bei der Variante Bezahlung auf Erfolgsbasis. Bei dieser Variante würde a) ein Rechtsanwalt nur noch die Fälle übernehmen, die er sich tatsächlich zutraut und von denen er auch meint, dass er sie gewinnen kann. b) Würde das Unwesen verhindert, dass in Gerichtsprozessen auf einmal Dinge verhandelt werden, die der Mandant gar nicht verhandelt haben wollte, die aber Schwups sich sehr streitwerterhöhend auswirken können. (Man kann dann als Mandant, wie der Autor weiß, gut beschäftigt sein, bis das Rad wieder zurückgedreht wird.) c) Der Anwalt wäre am Risiko für Fehler beteiligt. Höchstwahrscheinlich würden weniger Eingabe an die falschen Gerichte bzw. verspätet verschickt, wenn der Anwalt dann leer ausgeht. d) Die Gerichte neigen ja dazu, über Überlastung zu klagen. (Ein Argument, das nicht mehr gelten würde, wenn man auf eine Budgetierung nach Fallzahlen umstellt. Mit mehr Fällen gibt es mehr Geld.) Diese Überlastung ist aber logisch. Wenn sich die Anzahl der Rechtsanwälte in zehn Jahren verdoppelt hat, dann muss ordentlich geklagt werden. Da Rechtsanwälte wiederum im Moment völlig unabhängig von der Leistung bezahlt werden, ist klagen immer sinnvoll. e) Es gäbe einen Anreiz, es gleich im ersten Durchgang zu schaffen. Im Moment besteht ein Anreiz es noch in zweite Instanz zu schaffen, das bringt noch mehr Geld. Bei einer Vergütung nach Erfolg wäre es interessanter, es schon im ersten Durchgang zu schaffen. Je geringer die Gerichtskosten, desto größer der Gewinn. f) Bei dieser Variante könnte man im Übrigen auch die Rechtsberatung freigeben. In diese Richtung geht die Argumentation von Milton Friedman. Der Mandant kann / muss sich dann halt selber überlegen, ob er auf sein eigenes Urteil vertraut oder ob er einen Stempel von irgendeiner Behörde braucht, mit der die Qualifikation nachgewiesen wird. Die Ansprüche an die intellektuellen Fähigkeiten, deren man hier für eine sinnvolle Entscheidung bedarf, dürfte kaum den Rahmen des Alltäglichen übersteigen.
Milton Friedman, ein Nobelpreisträger für Wirtschaft, will den Raum der freien Entscheidungsmöglichkeit auch auf das Gesundheitswesen ausdehnen. Das sieht der Autor ja dann kritischer. Der Unterschied besteht darin, dass die Medizin harte Fakten hat und anhand harter Fakten Unterschiede in der Kompetenz ausweist. Der Leser wird dem Autor unbedingt zustimmen, dass eine echte Grippe, also kein grippaler Infekt, von einem Arzt behandelt werden sollte und nicht von einem Heiler, Medizinmann, Guru oder Schamane. Die Medizin kann anhand sehr harter Fakten nachweisen, dass sie deutliche bessere Ergebnisse abliefert. Anders formuliert. Medizin ist eine echte Wissenschaft. Wenn gesichert ist, dass der Staat mehr weiß als der einzelne Bürger, kann er diesen wirkungsvoll vor Fehlentscheidungen schützen. Weiß er das aber nicht, weil sich irgendwie alles im weiten Reich der subjektiven Bewertung auflöst, dann ist dies nicht der Fall und in diesem Fall kann er den Bürger auch nicht schützen. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass der Bürger bei seiner detaillierten Kenntnis der jeweiligen Lage die bessere Entscheidung trifft.
Bei Jura fehlen alle Charakteristika, die man üblicherweise, vor allem das Kriterium der Falsifizierbarkeit, mit Wissenschaft verbindet. Bei Juristen ist es schwierig. Es ist durchaus unklar, ob das Ergebnis schlechter wäre, wenn man schlicht irgendeinen halbwegs gebildeten Durchschnitteuropäer als Richter bzw. Rechtsanwalt einsetzt. Wir finden auch weit und breit keine Merkmale, mit denen sich die Qualität der Justiz messen lässt und wir haben uns intensiv bemüht. Bei dem, was der deutsche Richterbund schreibt, stehen einem eher die Haare zu Berge. Der Kommentar in [] stammt vom Autor.
Auch wenn Richter und Staatsanwälte sich an der Realisierung dieser Qualitätskriterien [Bindung an Recht und Gesetz, unparteiisch und unvoreingenommen, sorgfältige Anwendung des materiellen Rechts unter Beachtung der Verfahrensordnungen, gerechte Ergebnisse, etc. etc.] „messen“ lassen müssen, ist doch die Messbarkeit dieser Kriterien im Sinne einer mathematisch überprüfbaren Analyse zu verneinen. Zwar gibt es objektive Parameter wie Zeitaufwand, Rechtsmittelhäufigkeit, Aufhebungs-, Vergleichs- und Erledigungsquote, Verfahrenskosten u. a. Diese Teilaspekte haben aber keine zwingende Aussagekraft für die Beurteilung der Qualität der Rechtsanwendung. Die richterliche Spruchtätigkeit und die staatsanwaltschaftlichen Entscheidungen sind schöpferische Erkenntnisprozesse, die sich deshalb einer Messung letztlich entziehen.
aus: Thesenpapier zur Qualität der Arbeit in Gerichten und Staatsanwaltschaften
Soll heißen: Das ganze System hängt allein und einzig ab von der persönlichen Integrität der Akteure. Da stehen dem systemisch denkenden Wirtschaftswissenschaftler die Haare zu Berge.
Würde das Wirtschaftssystem der BRD von der persönlichen Integrität der Akteure abhängen, würden wir alle in drei Wochen verhungern. Absolut jeder wäre dann der Meinung, dass seine Arbeit die Allerwichtigste sei und viel zu niedrig bezahlt wird; alle wären der Meinung, dass sie viel mehr arbeiten als andere, und dass dies ganz ungerecht sei; alle Waren, bis auf die, die man selber herstellt, wären viel zu teuer.
Ohne die knallharte Steuerung der Prozesse durch den Markt, also durch objektive Fakten, würden wir uns innerhalb kürzester Zeit ins Wolkenkukuksheim verabschieden. Der Abschnitt stellt aber noch eine weitere Frage: Wenn es keine Kriterien gibt, anhand derer die Leistung gemessen werden kann, kann ja jeder Richter subjektiv für sich entscheiden, dass seine Leistung hervor- und herausragend ist. Der Leser wird dem Autor sicher zustimmen, wenn er sagt, dass wir alle dazu neigen, uns ein bisschen zu überschätzen, wenn die Realität nicht ab und an ein Feedback liefert. Fazit: Wenn es keine klaren Qualitätsmaßstäbe gibt, kann man es auch dem einzelnen überlassen, ob er sich vor Gericht selbst vertreten will, einen Bekannten / Freund oder eine andere Person seines Vertrauens damit beauftragt oder einen Rechtsanwalt nimmt. Es reicht vollkommen, wenn der Staat die Zertifizierung sichert, also nur Leute mit Jurastudium den Titel Rechtsanwalt tragen dürfen. Ob sich der einzelne dann daran orientiert oder nicht, ist seine Sache.
Der Deutsche Richterbund geht davon aus, dass der Richter ein völlig anderer Mensch ist als wir anderen armen Erdenwürmer. Der Richter wird getragen von einem hohen Berufethos, prüft ständig sein Gewissen, ist allein der Gerechtigkeit verpflichtet, kämpft mit dem Wort wie Prinz Eisenherz mit dem Schwert altruistisch für das Wohl der Menschheit.
Last not least, das Argument ist ohnehin ein Rohrkrepierer. Wenn sich Qualität nicht messen lässt, dann ist billiger immer besser. Wenn der Qualitätsunterschied zwischen zwei Äpfeln nicht verstellbar ist, nimmt man den billigeren. Die Besoldung der Richter wäre also solange abzusenken, bis irgendjemand Qualitätsunterschiede feststellen kann.
Wir vermuten einen anderen Zusammenhang, der sich auch eher beweisen lässt. Auch das Selbstbild der Richter ist systemisch bedingt und ähnelt sehr, sprachlich, von den Forderungen und vom Selbstbildnis her den Gymnasiallehrern mit denen wir uns in der www.economics-reloeaded.de eingehender befassen. Der Autor ist der Meinung, dass mit mehr Kontrolle durch die Öffentlichkeit und einer öffentliche Debatte die Sache etwas geerdet werden könnte. Womit wir beim nächsten Punkt wären.
Die nächste Möglichkeit wäre die öffentliche Kontrolle. Die öffentliche Kontrolle kann schon darin bestehen, dass man die Urteile im Internet veröffentlicht und diese Urteile anhand leistungsstarker Suchalgorithmen nach unterschiedlichsten Kriterien durchsuchen kann. Letzteres ist bereits gegeben, da google schlicht alles findet. Da es nun Verfahren gibt, bei denen viel schmutzige Wäsche gewaschen wird, z.B. Scheidungsverfahren, die die Öffentlichkeit nichts angehen, kann man eine Bremse einbauen. Die Parteien müssen der Veröffentlichung des Urteils unter ihren Klarnamen jeweils zustimmen. Allein das hätte schon eine korrigierende Wirkung. Wer der Meinung ist, dass er seine Sache auch öffentlich vertreten kann, wird einer Veröffentlichung unter seinem Namen eher zustimmen. Wer nicht dieser Meinung ist, wird sie eher ablehnen. Des Weiteren würde man rasch Tendenzen bestimmter Kammern bzw. bestimmter Richter erkennen. In dem Moment, in dem die Namen der Parteien bekannt sind, ergibt sich auch die Möglichkeit, sich mit diesen in Verbindung zu setzen und Hintergrundinformationen zu sammeln. Im Bereich Urheberrecht z.B. ließe sich dann leicht ermitteln, wer die Abmahnung als Geschäftsmodell betreibt und eng mit dem Anwalt verbunden ist und wie, ob der entsprechende Anwalt schon öfter auf den entsprechenden Richter gestoßen ist und ein Muster erkennbar ist und Ähnliches.
In diesem konkreten Fall z.B. konnte leicht belegt werden, dass die MfM, ganz im Gegensatz zu dem, was der Rechtsvertreter des Klägers und auch das Gericht behauptet, das war der Treppenwitz dieses Verfahrens, Frau Benz plagiiert, ohne Angabe der Quelle, ausgerechnet ein Urteil, das exakt das Gegenteil von dem behauptet, was sie behauptet, nur dann herangezogen wird, wenn keine anderen Daten verfügbar sind. Das war aber nur möglich, weil das Oberlandesgericht Braunschweig die Urteile veröffentlicht. Die Qualität eines Urteils misst sich auch daran, inwieweit tatsächlich alle relevanten Aspekte berücksichtigt werden. Das setzt aber voraus, dass auch alle relevanten Aspekte bekannt sind. Alle relevanten Aspekte zu recherchieren, auch die nicht juristischen Sachzusammenhänge, fällt aber dann leichter, wenn sie bereits recherchiert wurden und dies bekannt ist.
Bei Urheberrechtsfragen spielt z.B. immer eine zentrale Rolle, was der Kläger üblicherweise verlangt. Dieser Zusammenhang wird zwar von Frau Benz, Richterin am Amtsgericht Hannover bestritten, aber genau das ist eben die Kernaussage der Urteile, die sie sinnentstellend und ohne Angabe der Quelle plagiiert. Wir kommen darauf im Punkt 7.4 Urteil zurück und werden es dort sehr präzise nachweisen.
Denkbar ist auch, dass ein Urheber mit der MfM Logik schon mal vor einem anderen Gericht abgeblitzt ist, es aber bei einem anderen Gericht nochmal versucht. Die Qualität der Entscheidung hängt ganz entscheidend davon ab, wie transparent die Vorgänge sind und dies umso mehr, als die Rechtsanwälte, die selber intellektuell in der Lage sind, kreativ Fragen zu stellen und diese dann durch Recherche zu beantworten versuchen, äußerst selten sind. Die Richter werden dazu in der Regel keine Lust haben. Hier bewegen wir uns nicht mehr im Bereich der subjektiven Einschätzungen, der "schöpferische Erkenntnisprozesse", sondern im Bereich der harten Fakten.
Das Justizwesen sähe also drastisch anders aus, wenn es an drei Punkten geändert wird.
1) Ermittlung der Gerichtskosten anhand der Daten aus der Kostenträgerrechnung
2) Honorierung des Rechtsanwaltes aufgrund einer freien Vereinbarung (so möglich, beim Strafrecht sind die Möglichkeiten hier natürlich eingeschränkt)
3) Kontrolle durch Veröffentlichung der Urteile im Internet mit starken Suchalgorithmen
Das eigentliche Kernproblem, der weite subjektive Spielraum bei der Auslegung von Gesetzen mit einer Spannweite, die von schlichter Ignorierung der Rechtslage, über die Unkenntnis der Rechtslage bis subjektiver Bewertung einer Rechtslage reicht, wäre damit zwar immer noch nicht gelöst, aber man wäre einen Schritt weiter. Diese drei Punkte wären eine marktwirtschaftliche und damit eine systemische Lösung. Sie würden den Prinzipien der freien Marktwirtschaft folgen und diese ist immer noch das Fundament, auf dem alles ruht und die ihre Leistungskraft unter Beweis gestellt hat. Das Justizsystem jeder anderen Demokratie der westlichen Welt ist näher an diesen fundamentalen Prinzipien als die Justiz der BRD. Vor allem würde eine öffentliche Diskussion über Urteile bei persönlicher Zuordnung der Leistung an einzelne Richter die Angelegenheit sehr rasche "erden". Es würde sich unter Umständen zeigen, dass die überwältigende Mehrheit der Urteile einem sehr simplen Argumentationsschema folgen, so simpel, dass man sich fragen könnte, wieso man das fünf Jahre studieren muss. Man kann zu Milton Friedman, vor allem zu seiner Auseinandersetzung mit Keynes, eine kritische Haltung einnehmen, aber hier hat er Recht.
A story about lawyer will perhaps illustrate the point. At a meeting of lawyers at which problems of admission were being discussed, a collegue of mine, arguing against restrictive admission standards, used an analogy from the automobile industry. Would it not, be absurd if the automobiles industry were to argue that no one should drive a low quality car and therefore that no automobile manufacturer should be permitted to produce a car that did not come up to the Cadillac standard. One member of the audience rose and approved the analogy, saying that, of course, the country cannot afford anything but Cadillac lawyers! This tends to be the professional attitude. The member look solely at technical standards of performance, and argue in effect that we must have only firstrate physicians even if this mean that some people get no medical service - though they never put it that way. Nonetheless, the view that people should get only the "optimum" medical service always lead to a restrictive policy, a policy that keeps down the number of physicians. I would not, of course, want to argue that this is the only force at work, but only that this kind of consideration leads many welle-meaning physicians to go along with policies that they would reject out-of-hand if the did not have this kind of comforting rationalization.
Eine Anekdote über Juristen verdeutlicht vielleicht den Zusammenhang [Warum hohe Standards wirtschaftlich unsinnig sind]. Auf einem Treffen von Juristen bei dem über die Frage des Zugangs diskutiert wurde, argumentierte einer meiner Kollegen gegen restriktive Standards. Dabei benutzte er eine Analogie zur Automobilindustrie. Wäre es nicht absurd, wenn die Automobilindustrie behaupten würde, dass niemand ein Auto von minderer Qualität fahren dürfe, und dass es deshalb keinem Hersteller erlaubt sein soll, ein Auto zu produzieren, dass nicht die Ausstattung eines Cadillacs habe? Ein Zuhörer stand auf und stimmte der Analogie zu. Seiner Meinung nach sollte das Land nur Cadillac Rechtsanwälte haben! Das scheint die professionelle Sicht der Dinge zu sein. Der das sagte, betrachtete nur die technischen Aspekte und behauptete, dass wir nur erstklassige Ärzte brauchen, auch wenn dies bedeutet, dass manche Leute überhaupt keine medizinische Versorgung erhalten, auch wenn er sich das noch nie so überlegt hatte. Die Ansicht, dass die Leute nur das "besten" medizinischen Leistungen erhalten sollen, führt zu einer restriktiven Politik, einer Politik, die die Anzahl der Ärzte einschränkt. Ich möchte natürlich nicht behaupten, dass dies die einzige Triebfeder sei [die andere ist wohl die Absicht, das Einkommen zu maximieren], doch ist es diese Betrachtung die viele wohlwollende Ärzte dazu bringt, eine Politik zu verfolgen, die sie völlig ablehnen würden, wenn sie nicht diese bequeme Art der Rechtfertigung hätten.
aus: Milton Friedman, Capitalism and Freedom, Chicago, 2002, Seite 152
Es handelt sich um ein prinzipielles Problem. Jede Gruppe, die Handwerkammer, die Gymnasiallehrer, die Apotheker versucht natürlich, das Geschwurbel ist dann immer ähnlich, Marktzugangbarrieren zu schaffen, wobei die Argumentation immer ähnlich ist. Die Bevölkerung soll geschützt werden. Bei den Juristen wird dann geschwurbelt von der unheimlichen Komplexität der Materie, die nur von den wenigen Erleuchteten durchschaut werde etc.. Tatsächlich handelt es sich bei Jura in den meisten Fällen um völlig triviale Zusammenhänge, wobei das dieser Analyse zugrunde liegende Verfahren zeigt, dass Juristen nicht mal diese trivialen Zusammenhänge durchschauen, wobei die Fehler hier sogar auf sehr niedrigem Niveau, beim unmittelbaren juristischen Handwerkszeug im engsten Sinne begangen wurden.
Allerdings ist davon auszugehen, dass sich auch die Justiz der BRD langfristig mehr an diesen fundamentalen Prinzipien der marktwirtschaftlichen Ordnung orientieren wird.
Soziale Organisationen können natürlich auch nicht systemisch analysiert werden und der Autor behauptet keineswegs, dass diese Art der Analyse, also eine nicht- systemische Analyse, den Erkenntnisfortschritt nicht fördere. Er hat es sogar selber ausgiebig getan. Allerdings sind diese nicht-systemischen Analysen intellektuell ausgesprochen anspruchsvoll, das ist dann Adorno aufwärts, siehe www.economics-reloaded.de, dann philosophische Kritik, dann Adorno. Und um der Wahrheit die Ehre zu geben, einschränkend formuliert damit sich niemand beleidigt fühlt, wir sind uns nicht sicher, ob alle Juristen da folgen können und wenn sie nicht folgen können, ist es nicht hilfreich. Manche Juristen sind etwas schlichte Gemüter. Es sei aber angemerkt, dass in dieser unserer Republik sehr viel Geld für Bildung ausgegeben wird und wir folglich in allen Bereichen der Gesellschaft ein gewisses intellektuelles Niveau erwarten dürfen und eigentlich auch erwarten müssen. Alles andere hat sich historisch als nicht zielführend erwiesen, um es mal so dunkel auszudrücken.
Die Argumentation wird jetzt etwas komplexer. Wir führen das in www.economics-reloaded.de ausführlich aus. Der Liberalismus, genauer genommen Hayek und Friedman, weniger John Stuart Mill, geht davon aus, dass sich schlicht alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens systemisch regeln lassen. Sie wollen also alle Bereiche der Wirtschaft und Gesellschaft nach den Mechanismen gesteuert sehen, die für die marktwirtschaftliche Ordnung charakteristisch sind und uns einen hohen Lebendstandard garantieren. Der deutsche Richterbund führt aus:
Der Deutsche Richterbund beschäftigt sich seit einiger Zeit mit einem berufsethischen Selbstverständnis. Als Richter und Staatsanwälte sind wir uns unserer Verantwortung als Dritte Staatsgewalt bewusst und halten eine Auseinandersetzung mit diesem Thema angesichts einer zunehmenden Ökonomisierung der Justiz für erforderlich.
aus: Was der Deutsche Richterbund will
Soll heißen: Auch nur darüber nachzudenken, wie man die Justiz an die Prinzipien der marktwirtschaftlichen Ordnung annähert ist grundsätzlich schlecht. Das gefährdet die nirgends genau definierte "Qualität" der Justiz. Diese "Qualität der Justiz" darf hierbei nicht anhand konkreter Sachverhalte gemessen werden, denn eine harte Definition, was das eigentlich genau ist, wäre der Durchsetzung der eigenen Interessen abträglich. Nur wenn man die Qualität der Rechtsberatung und Rechtssprechung abstrakt und unscharf hypostasiert, kann man Rechtsanwälte davor schützen, mit jedem, der sich in einem bestimmten Rechtsgebiet auskennt, konkurrieren zu müssen. In dem Moment, in dem man die Qualität der Rechtsberatung präziser definieren würde, könnte der Gegenbeweis angetreten werden. Diesen Gegenbeweis will man aber, aus verständlichen Gründen, nicht führen. Das Spiel ist nicht wirklich neu und wurde schon x Mal in x Bereichen der Wirtschaft gespielt. Der Versuch, die Qualität der Rechtssprechung näher zu bestimmen, ist eine "Ökonmisierung" der Justiz.
Dehnt man diese Logik, die Durchsetzung marktwirtschaftlicher Elemente in allen Bereichen der Wirtschaft, aber bis ins Unendliche, so wie Hayek und Friedman dies tun, dann bleibt kein Bereich, der über demokratische Entscheidungsprozesse geregelt werden muss. Anders formuliert: Marktwirtschaftliche Mechanismen regeln dann alles und was die marktwirtschaftlichen Mechanismen nicht regeln, muss auch nicht geregelt werden.
Spätestens bei Bereichen wie Gesundheit, Bildung, Forschung und Entwicklung, Sozialstaatsprinzipien wird diese Argumentation dann schwierig. Wir verweisen wieder auf www.economics-reloaded.de. Wenn aber bestimmte Bereiche der Wirtschaft bzw. des gesellschaftlichen Zusammenlebens nicht nach marktwirtschaftlichen Kriterien ordnen können, sind wir auf demokratische Entscheidungsprozesse angewiesen und deren Qualität wiederum, und das ist das Problem, ist vom Bildungsstand, Grad der Informiertheit, Verantwortungsbewusstsein und moralischer Integrität der Wähler abhängig. Wir haben also nicht mehr die Situation "stell die und die Parameter so ein und dann passiert das und das" sondern wir haben eine Situation, bei der die Ordnung geschaffen werden muss, nicht aber ein Verhalten nach einer vorgegebenen Ordnung ausgerichtet werden soll. Schon aus diesem Grund ist aber ein "Herrenwissen", wie es die Justiz für sich einfordert, völlig abzulehnen. Wir brauchen keine Schamanen, die als Hüter der Wahrheit und Gerechtigkeit allein Zugang zu den höheren Sphären der Weisheit haben. Wir brauchen den engagierten, wohl informierten Bürger, der sich die Gesetze und deren konkrete Anwendung anschaut, dazu Stellung nimmt und durch eine Wahlentscheidung Fehlentwicklungen korrigiert.
Anders als Hayek sich das vorstellt, gibt es auch gute Argumente dafür, dass die Mehrheit sich vernünftig entscheidet. Bezogen auf seine konkrete Branche, wird jede Interessensgruppe vom Staat verlange, sie zu schützen. Abstrakt bei einer Wahl, werden sie dies aber nicht fordern, denn dann müssten sie teurer einkaufen, wären abhängig von Lieferanten und staatlicher Willkür ausgeliefert. Auch der deutsche Richterbund wird in einer abstrakten Wahl nicht für weniger Wettbewerb plädieren, etwa für ein Importverbot ausländischer Autos, denn dan werden deutsche Autos teurer. In seinem Bereich plädiert er für die Abschaffung des Wettbewerbs, allgemein jedoch nicht. Die Regel gilt prinzipiell. Wir sehen das schon daran, dass die marktwirtschaftliche Ordnung weitgehend akzeptiert wird und wohl sich natürlich jeder Unternehmer wünscht, dass der Staat seine Mitbewerber zur Hölle schickt.
Das von der Justiz unterschwellig immer mitlaufende Argument, dass der Pöbel in seinem Wahn zu Extremen neigt, und nur der weise Richter als Schamane und Hüter der Gerechtigkeit den einzelnen vor den Exzessen des Pöbels zu schützen vermag ist 1) logisch inkohärent, 2) moralisch fragwürdig und 3) historisch widerlegt.
Logisch inkohärent ist es, weil der Pöbel die Legistlative, also das rechtsetzende Parlament wählt. Mit der gleichen Logik, wie der Richterbund sich für die Unabhängigkeit der Judikative einsetzt, könnte er sich auch für die Unabhängigkeit der Legislative einsetzen, so nach dem Motto "wir wollen unsern alten Kaiser Wilhelm wieder ham".
Diese Argumentationsschiene fährt expressis verbis Hayek und implizit Milton Friedman, siehe www.economics-reloaded.de. Hayek ist tatsächlich der Meinung, dass eine Demokratie die Rechte der im demokratischen Entscheidungsprozess Unterlegenen einschränkt. Das Argument ist aber, unter anderem, falsch, weil es Bereiche gibt, die über die Mechanismen des Marktes nicht entschieden werden können. Wir haben bei Hayek eine derart weite Ausdehnung marktwirtschaftlicher Mechanismen, dass für eine Koordinierung mittels demokratischer Wahlen gar kein Platz mehr bleibt.
Die Judikative hat die gleichen Ideen zu verfolgen, wie die Legislative. Die Judikative ist lediglich eine Konkretisierung eines allgemeinen Auftrages. Die Judikative kann niemand vor den Exzessen des Pöbels schützen, weil der Pöbel die Legislative beherrscht. Transparenz kann aber den Pöbel vor den Exzessen der Schamanen schützen und der Autor ist sich noch nicht ganz sicher, was hier die höhere Schutzwirkung entfaltet.
Die stringente Nichtanwendung des § 97 a UrhG, der bei erstmaligem Auftreten eine Verstoßes gegen das Urheberrecht im außergeschäftlichen Bereich in einfach gelagerten Fällen eine Deckelung auf 100 Euro vorsieht, ist zum Beispiel ein Fall, wo man sich durchaus wünschen könnte, dass den Anordnungen der Legislative Folge geleistet wird.
Die Tendenz der Gerichte noch die im Hunderter Pack verschickten gleichlautenden Abmahnungen als nicht einfach gelagerte Fälle zu betrachten, lässt Geschäftsinn bzw. Förderung von innovativen Geschäftsmodellen vermuten. Manche meinen dann, dies sei das Charakteristikum der marktwirtschaftlichen Ordnung. Dem ist nicht so. Der Wirtschaftswissenschaftler spricht in diesem Zusammenhang von Fehlallokation durch falsche Anreize. Alle Bereiche des Rechts, Arbeitsrecht, Sozialrecht, Familienrecht, Urheberrecht etc. etc. sind Ausfluss einer historischen, vom Pöbel geschaffenen Ordnung. Es gibt keinen Grund, warum der Pöbel nicht darüber entscheiden soll, ob die Gesetze auch tatsächlich so angewendet werden, wie es ihrer historisch bedingten Intention entspricht. Es ist eine totale Verkennung grundsätzlicher demokratischer Verhaltensregeln, wenn Richter meinen, sich mit der Meinung des Pöbels nicht auseinandersetzen zu müssen. Jutta Limbach, ehemalige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts schreibt hierzu.
Die Richterinnen und Richter haben demgemäß nicht nur ihr Denken und Wissen zu hinterfragen und Selbstkritik zu üben. Sie sollen sich vergewissern, welche Werte in der Bevölkerung gepflegt werden und von anderen Mitgliedern der Gesellschaft akzeptiert werden. Dabei geht es allerdings nicht um Erkundungen im Stile der Demoskopie nach dem Prinzip des "one man - one vote"; also nicht allein darum, was die Mehrheit der Bevölkerung denkt. Richter, die ihr Arbeitsethos reflektieren, legen auch auch inswoweit einen höheren Standard an. Sie verlangen des Richters Aufmerksamkeit für die Ansichten, die die "aufgeklärte Bevölkerung" teilt.
aus: Jutta Limbach, Im Namen des Volkes, Macht und Verantwortung der Richter, Stuttgart 1999, Seite 120
Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube, würde man da mit Goethe sagen. Sie konzediert auf der einen Seite, dass sich die Werte, die in der Rechtssprechung zum Ausdruck kommen, sich mit den Werten der "aufgeklärten Bevölkerung" decken soll. Das scheint in Bezug auf das Urheberrecht schon mal nicht mehr zuzutreffen, hier hätten die Richter also mal prüfend in sich zu gehen. Das mit dem "one man - one vote" sieht der Autor kritischer. Die Gesetze, die der Rechtssprechung zugrunde liegen sollten (!), kommen nämlich nach dem Schema one man - one vote zustande. Hier kommt ein Elitegedanke zum Ausdruck, an den wir nicht richtig glauben. Es gibt wohl kaum eine Berufgruppe, die moralisch in den letzten zwei Diktaturen der BRD so gnadenlos und jämmerlich versagt hat wie die Juristen, eine wissenschaftliche Dokumentation zu dem Thema findet man hier Fortwirken von NS-Juristen in der Bundesrepublik. Es ist sehr unklar, wieso Richter davon ausgehen, dass sie dem gemeinen Volk moralisch überlegen sind, bzw. "höhere" Werte vertreten.
Der Autor glaubt noch nicht so richtig an die Pöbeltheorie. Ein Wirtschaftswissenschaftler wird auch nervös, wenn das Verhalten der Akteure ausschließlich von deren "Berufsethos" abhängen soll. Dies hypostasiert, dass Richter eine besondere Menschengattung höherer moralischer Ordnung sind. Der Autor würde da eher auf geprüfte Mechanismen vertrauen, die ihre Leistungsfähigkeit schon unter Beweis gestellt haben.
Das kann schon dadurch geschehen, dass man den Satz "welche Werte in der Bevölkerung gepflegt werden" etwas konkretisiert. Wenn die Bevölkerung über die konkrete Rechtssprechung nichts weiß und sich auch nicht darüber informieren kann, dürfte es schwierig sein, herauszufinden welche "Werte in der Bevölkerung gepflegt werden". Würden aber alle Urteile veröffentlicht, mit den oben gemachten Einschränkungen, und zwar mit Namen des Richters, und würde öffentlich darüber diskutiert, dann wüsste man, welche "Werte in der Bevölkerung gepflegt werden" und noch eine ganze Menge Dinge mehr. Im Moment läuft nämlich die öffentliche Diskussion im Bereich Urheberrecht, wobei das Urheberrecht nur ein besonders "griffiges" Beispiel für einen allgemeinen Sachverhalt ist, an der Rechtssprechung weitgehend vorbei.
Wir haben zwar eine heftige Debatte über das Urheberrecht, Gema versus youtube, Leistungsschutzrecht, Gebühren auf Datenträger über die ZPÜ, Lizenzanalogie bei Bildern etc. aber keine Diskussion über die konkrete Rechtssprechung. Diese Diskussion, verbunden mit konkreter Bezugnahme auf konkrete Urteile, würde mehr zur Selbstkritik der Richter beitragen, als ein vager Berufsethos. Dasselbe Verfahren wird auch sonst angewandt zum Beispiel bei der öffentlichen Beurkundungen der hygienischen Verhältnisse in Gastronomiebetrieben.
Die Pöbelproblematik sehen wir aber auch deswegen nicht, weil der Einzelne, wenn er in einen Vorgang nicht direkt involviert ist bzw. davon profitiert, vernünftig entscheidet. Der konkrete Bankräuber ist für eine Herabsetzung der Strafzubemessung insofern es ihn selbst betrifft. Als Bürger allgemein allerdings ist er dagegen, denn er könnte ja selber ausgeraubt werden.
Es ist logisch plausibel, dass die Masse vernünftiger entscheidet, als einzelne Interessensgruppen. Ohne die öffentliche Debatte gibt es im Übrigen auch keine Weiterbildung des Rechts. Der nun mehr seit mehr als drei Jahren andauernde Prozess um eine härtere Definition des § 97 a UrhG, also der Versuch, die interessensgeleitete Umgehung dieser Bestimmung durch die Gerichte zu verhindern, wird getrieben von der öffentlichen Debatte, die sich allerdings nicht gegen die kompaktere Organisation von Interessensgruppen durchsetzen kann, weswegen sich der Prozess ja nun seit drei Jahren hinzieht.
Jutta Limbach hofft auf die persönliche Integrität des Richters. Der Autor setzt hier auf knallharte Kontrollmechanismen. Der Richter muss, während er sein Urteil verfasst, wissen, dass es veröffentlicht und analysiert wird. Er muss wissen, dass die Summe der mit seinem Namen veröffentlichten Urteile Muster erkennen lässt, die auch prozessural verwendet werden können. Das wird ihn daran hindern, Dinge zu tun, für die er nicht bezahlt wird. Genau wie jeder Selbstständige / Gewerbetreibende und Unternehmer, muss er seine Leistung transparent am Markt darstellen und wie jeder Selbstständige und Gewerbetreibende unter seinem Namen. Den Vorteil, bei Minderleistung nicht ökonomisch vernichtet zu werden, wollen wir ihm gerne gönnen, denn Transparenz allein würde reichen.
Was aber definitiv nicht reicht, nie gereicht hat, noch nie funktioniert hat und nie funktionieren wird, ist das Hoffen auf ein "Gewissen" wie Jutta Limbach schreibt.
Der Wechsel ist das Gesetz des Lebens. Diese soziale Tatsache lässt die Justiz nicht unberührt. Wo der Gesetzgeber sie im Stich lässt, müssen Richterinnen und Richter die Rechtsordnung im Wege behutsamen Lernens an wechselnde soziale Anforderungen anpassen. Damit werden sie vor Entscheidungen gestellt, die nicht logisch deduzierend, sondern wertend, "die nicht aus dem Wissen, sondern aus dem Gewissen getroffen werden müssen" (Max Huber).
aus: Jutta Limbach, Im Namen des Volkes, Macht und Verantwortung der Richter, Stuttgart 1999, Seite 123
Die Forderung bei Entscheidungen dem Gewissen zu folgen überfordert den Richter nicht nur moralisch, sondern auch intellektuell. Der Richter ist ein Universaldilettant. Er kennt, im besten Falle, in dem dieser Analyse zugrunde liegenden Verfahren nicht mal das, die gesetzlichen Grundlagen. Um aus seinem Gewissen zu entscheiden, müsste er, zum Beispiel beim Urheberrecht, die ökonomischen Zusammenhänge verstehen. Die versteht er aber nicht. So kommt es dann zu wahnwitzigen Streitwerten. Der Richter verlässt sich im Zweifelsfalle auf die Urteile seiner Kollegen, die allerdings unter Umständen so wenig Ahnung hatten, wie er selbst. Eine breite öffentliche Debatte würde sofort die Profis auf den Plan rufen.
Richtig an der These von Jutta Limbach ist, dass Richter lernen müssen, mit Kritik umzugehen. Allerdings schimmert bei Jutta Limbach immer die Pöbeltheorie durch und die Lösung der Probleme durch Rekurrierung auf die persönliche Integrität des Richters.
Richterinnen und Richter müssen Recht sprechen ohne Rücksicht auf Beifall oder Kritik. Gleichwohl müssen sie begreifen, dass ihre Tätigkeit in einer Demokratie jederzeit und von jedermann kritisiert werden kann. Mit dieser Kritik müssen sie sich auseinandersetzen. Nach wie vor hat die Richterschaft Schwierigkeiten mit der Justizkritik.
aus: Jutta Limbach, Im Namen des Volkes, Macht und Verantwortung der Richter, Stuttgart 1999, Seite 123
Das haben sie in der Tat. Schwierigkeiten mit der Justizkritik, bzw. mit der Kritik an der Justiz. Symptomatisch ist hierbei schon allein die Tatsache, dass über die Legitimität der Kritik an der Justiz überhaupt diskutiert wird. Wer verbeamtet ist, also bei Minder- und Fehlleistung nicht ökonomisch vernichtet wird, muss sich eigentlich mehr der Kritik stellen, als der Unternehmer. Es ist aber genau umgekehrt. Der Unternehmer muss sich gnadenlos der Kritik stellen. Jeden Tag. Er muss sogar hinnehmen, dass diese Kritik in ökonomisch vernichtet. Jutta Limbach setzt sehr stark auf nicht-systemische Korrekturen. Wir gehen davon aus, dass sich Systeme nur systemisch lenken lassen. Von den drei oben genannten systemischen Ansätzen, Ermittlung der Gerichtskosten anhand der Kostenträgerrechnung, Honorierung des Rechtsanwaltes aufgrund einer freien Vereinbarung und Kontrolle durch Veröffentlichung, ist nur der letzte Punkt innerhalb eines überschaubaren Zeitraums umsetzbar.