2.1 Implementierung einer Kosten- und Leistungsrechnung

In allen modernen Industriestaaten beträgt die Staatsquote, also der Anteil der wirtschaftlichen Aktivität des Staates im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt knapp 50 Prozent. Anders formuliert: Von einer Marktwirtschaft sind alle modernen Industriestaaten westlichen Typs weit entfernt.

Die Steuerung über den Markt ist hierbei genauso simpel wie überzeugend. Preise senden Knappheitssignale aus und diese Knappheitssignale erlauben es, wirtschaftlich sinnvoll zu agieren und diese Knappheiten zu beseitigen. Das tut der berühmte oft verächtlich gemachte homo oeconomicus. Dem unterstellen dann viele Leute, ein kalt kalkulierendes, moralisch indifferentes Schwein zu sein. Das ist falsch. Die Leute vergessen den zweiten Teil der Geschichte. Der homo oeconomicus agiert innerhalb einer marktwirtschaftlichen Ordnung und nur und ausschließlich innerhalb dieser marktwirtschaftlichen Ordnung fällt sein Eigeninteresse mit dem Interesse der Gesellschaft zusammen. Der Bäcker backt keine Torten, weil er ein moralisch integrer netter Mann ist. Er backt Torten, weil er damit Geld verdient, aber im Ergebnis erhalten wir eine Torte und da er nicht der einzige Bäcker ist, ist die Torte sogar relativ billig und in akzeptabler Qualität.

Der homo oeconomicus in Gestalt eines Rechtsanwaltes mit staatlich festgelegten Preisen erfüllt diese sinnvolle Funktion weniger. Er konkurriert nicht über den Preis, denn der liegt fest, dafür versucht er aber den Streitwert hochzutreiben und ob seine Torte besser ist, als die seines Kollegen, wissen wir auch nicht, denn für die Qualität der Rechtsberatung gibt es keine objektiven Kriterien.

Sollte Interesse an solchen Zusammenhängen, dann kann man das auf der www.economics-reloaded.de nachlesen. Dort werden auch die Grenzen der marktwirtschaftlichen Ordnung aufgezeigt. Wenn aber der deutsche Richterbund eine „Ökonomisierung der Justiz“ erblickt, wenn diese kontrolliert werden soll, dann hat er noch nicht so richtig begriffen, was die Grundlagen unserer Gesellschaftsordnung sind.

Wir wollen jetzt auch gar nicht so tun, also ob die verbeamtete Ökokaste selber in dem Umfeld agiert, wo der homo oeconomicus zum Nutzen der Menschheit sich betätigt. Der Ökonom in seiner akademischen Version ist den harten Gegebenheiten der marktwirtschaftlichen Ordnung so entschwebt wie der Richter. Wie letzterer ist auch dieser verbeamtet. Beamte sind ganz prinzipiell eine etwas entschwebte Gattung. Die Entrücktheit der akademischen Ökokaste drückt sich darin aus, dass sie sich ausschließlich mit Märkten beschäftigt. Also genau genommen dürfte das Fach gar nicht Volkswirtschaftslehre heißen, sondern Märktelehre. Volkswirtschaftslehre heißt das Fach, weil zu seligen Zeiten von Adam Smith, Wealth of Nations erschien 1776, der Staat noch gar kein wirtschaftlicher Akteur war. Er war also damals durchaus eine quantité negligeable.

Im Jahre 2013 ist der Staat aber keine quantité negligeable mehr. Man könnte sich also mit ihm befassen. Das passiert aber nicht. Wahrscheinlich auch deswegen nicht, weil die verbeamtete Ökokaste dann über sich selbst nachdenken müsste und kritisch über sich selbst reflektieren müsste. Das ist uncool.

Von daher beschäftigt sich die Kosten- und Leistungsrechnung an Universitäten vor allem mal mit der Funktion selbiger in marktwirtschaftlich agierenden Unternehmen. Die Übertragung dieses Systems auf die öffentliche Verwaltung ist eine neuere Entwicklung, die eigentlich erst vor 20 Jahren eingesetzt hat. Die Entwicklung selbst wird im akademischen Betrieb bis auf den heutigen Tag ignoriert, obwohl die Implementierung solcher Systeme in der öffentlichen Verwaltung bedeutsam ist. Um es vereinfacht zu sagen. Der Teil der Wertschöpfung, der unter marktwirtschaftlichen Bedingungen produziert wird, unterliegt einer scharfen Kontrolle durch den Markt und einem demokratischen Entscheidungsprozess in seiner allerschärfsten Form. Täglich stimmen Leute über den Kauf von Produkten und damit über Unternehmen ab.

Der Teil der wirtschaftlichen Aktivität, mit dem Begriff Wertschöpfung müssen wir hier vorsichtiger sein, der rein staatlich gelenkt wird, unterliegt eigentlich gar keiner Kontrolle. Ob die Gerichtskosten, die Honorare der Rechtsanwälte, Gebühren etc. das Ergebnis einer effizienten, leistungsorientierten Organisation sind oder schlicht durch Schlendrian zustande kommen, wissen wir nicht. Wir wissen nur, dass die Abwesenheit von Kontrollen sich tendenziell günstig auf den Schlendrian auswirkt.

Der Unterschied ist oft nicht ganz klar. Wir wissen auch nicht, wie marktwirtschaftlich orientierte Unternehmen intern arbeiten, das muss uns aber auch nicht interessieren. Wir müssen uns nicht dafür interessieren, wie das Ergebnis zustande kommt. Es reicht uns vollkommen, wenn wir wissen, dass ein konkurrierendes Unternehmen zu einem anderen, vielleicht besseren Ergebnis, kommt. Dort kaufen wir dann ein. Wir können dann vermuten, dass bei einem der Schlendrian höher ist als beim anderen, aber das interessiert uns im Grunde nicht.

Diese Zusammenhänge sind von fundamentaler Bedeutung, weil unser Lebensstandard ganz unmittelbar hiervon berührt wird. Wir wissen inzwischen ganz eindeutig, dass Wirtschaftssysteme, die nach der Logik der Justiz funktionieren, bei denen also Kosten und Preise nach völlig intransparenten Verfahren freihändig vergeben werden, ganze Volkswirtschaften in den Abgrund reißen. Der Untergang der DDR und anderer Planwirtschaften ist vor allem ein Zusammenbruch ihrer Wirtschaft und der Autor hat das ungute Gefühl, dass wenn man die Logik der Justiz auf die Wirtschaft anwenden würde, wir in drei Wochen einen Lebensstandard hätten wie im abgelegensten Dorf in Afghanistan.

Ein Instrument Justitia auf den Pfad der als richtig erkannten Prinzipien der marktwirtschaftlichen Ordnung zurückzuführen, ist die Kosten- und Leistungsrechnung. Klären wir mal was das ist. Das ist jetzt nicht gerade besonders spannend, aber der Leser hat zumindest einmal im Jahr etwas damit zu tun, denn der nette Brief vom Verwalter / Vermieter mit der Betriebskostenabrechnung ist eine Kostenrechnung, wenn auch nur ein primitives Modell einer selbigen, da die Kostenarten (Heizung, Müll, Grundsteuer, Licht im Treppenflur, Hausmeister, Reinigung etc.) direkt, via Quadratmeterzahl, Anzahl der Bewohner oder durch schlichte Division durch die Anzahl der Wohnungen auf den Kostenträger (die einzelne Wohnung) umgewälzt werden. Mit einer Kostenrechnung hat es der Leser auch zu tun, wenn er eine Rechnung von seiner KfZ-Werkstatt bekommt. Da steht zwar unter Umständen nur ein gigantisch anmutender Stundenlohn, aber dieser ist eben nur deswegen so gigantisch, weil Kosten wie Miete, Abschreibungen, Strom, Steuerberaterkosten etc.etc. auf den Stundenlohn draufgeschlagen werden. Manche Leute haben auch beruflich was damit zu tun, wenn sie Preise im Handel berechnen müssen. Dann gibt es einen Einkaufspreis und auf diesen kommt ein in Prozenten ausgedrückter Handlungskostenzuschlag. Dieser ist so kalkuliert, bzw. sollte so kalkuliert sein, dass alle Gemeinkosten hiermit abgedeckt sind. Und ganz anders, als die Juristen sich das vorstellen, gibt es natürlich auch ein Controlling in Bereichen, wo die Qualität ganz eindeutig Vorrang vor der Ökönomie hat, nämlich in Krankenhäusern. Das Problem der Richter, dass ihre ach so komplizierten Urteile, Ergebnisse langer und tiefer Gewissensforschung nicht dem Diktat der schnöden Ökonomie unterliegen dürfen, ist im Vergleich mit dem Problem eines Chirurgen, der mit allen möglichen Problemen rechnen muss und Fehler tödlich sein können, ein putziges Gummibärchen Problem.

Aber auch im Gesundheitswesen ist die Kosten- und Leistungsrechnung schon längst eingeführt. Im Übrigen erfolgt auch die Bezahlung im Gesundheitswesen im Endeffekt aufgrund einer Kostenträgerrechnung, die davon ausgeht, dass sich die Schwierigkeitsgrade ausgleichen. Die Juristen müssen vor allen Dingen mal herabsteigen von ihrem hohen Ross und wenn sie wollen können sie mal bei google Kostenrechnung eingeben und das jeweils verbinden mit Gesundheitswesen und Justiz. Sie finden dann auf der einen Seite, mit der Kombination Kostenrechnung Gesundheitswesen eine sachliche und kritische Diskussion. Mit der Kombination Kostenrechnung Justiz ein larmoyantes Geheule.

Wir werden in den folgenden Kapiteln mal kurz klären, was die Kosten- und Leistungsrechnung eigentlich konkret leistet.

 


update
Vorwort
Ausgangspunkt


Das Urheberrecht aus
oekonomischer Sicht


Abmahn und Gegenabmahnindustrie


Rahmenbedingungen
der Rechtsanwaelte
Diskussion
der Problematik ausserhalb systemischer Zusammenhaenge


Detaillierte Darstellung des Verfahrens
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