Wie bereits mehrfach erwähnt, sind wir von unserer ursprünglichen Idee, eine lustige Website zum Urheberrecht zu schreiben, so nach dem Motto "Der Taumel Lolch im Dickicht der Justiz" abgerückt. [Taumel Lolch hieß der streitgegenständliche Grashalm; genau genommen ist es ein Süßgras, also verwandt mit dem Weizen, enthält aber Alkaloide. Wird er mit dem Weizen abgeerntet, landet er im Brot, das macht die Leute dann lustig. Dante zieht in der www.divina-commedia.de einen eigenartigen Vergleich, aber das ist ein anderes Thema.] Der eigentliche Grund ist, dass wir in diesem Zeitraum auch an der www.economics-reloaded.de gearbeitet haben und uns in diesem Zusammenhang allgemein mit neoliberalen Thesen, Friedrich August von Hayek / Milton Friedman als Hardcore Version und der weichgespülten Softvariante ordoliberaler Prägung, Walter Eucken / Alfred Müller Armack beschäftigt haben. Da spielt sytemische Steuerung eine Rolle.
Die im Wesentlichen ablehnende Haltung gegenüber dem Neoliberalismus, Monetarismus und Ordoliberalismus, der Kern ist bei allen drei Strömungen der Gleiche, nämlich der unzerstörbare Glaube an die Kraft des Marktes, ist rein ökonomisch begründet und betrifft die gemeinsamen Fehler dieser Theorien hinsichtlich Zins, Sparen, Bedeutung des Geldes. Zusammengefasst: Wir vermuten sehr stark, dass Keynes Recht hat auf ganzer Linie.
Auf die Theorie des Neoliberalismus / Ordoliberalismus / Monetarismus wollen wir hier nicht näher eingehen. Für uns ist hier nur wichtig, dass Milton Friedman, in seinem Buch Capitalism and Freedom das Bildungssystem und das Gesundheitssystem sowie, in ein paar Nebenbemerkungen auch das Justizsystem aus neoliberaler Sicht analysiert. Darüber gibt es ein Buch und eine Fernsehsendung, Free to chose, wer sich eines von X dieser Videos anschauen will findet es hier How to Stay Free Featuring Milton Friedman. Die Generalthese Milton Friedmans steht, wie auch die Thesen der anderen der oben Genannten, in einer sehr langen Tradition der Analyse marktwirtschaftlicher Ordnungen.
Es macht Sinn die Probleme von Justitia in diesem allgemeinen Rahmen zu begreifen, deshalb noch ein paar Worte hierzu. Die Leistungsfähigkeit der marktwirtschaftlichen Ordnung stellt Keynes gar nicht in Frage. Diese Leistungsfähigkeit beruht auf zwei unterschiedlichen Mechanismen, die man mental trennen sollte.
Der eine Mechanismus ist objektiv, der andere beinhaltet eine Annahme über menschliches Verhalten. Der objektive Mechanismus besteht in der sehr effizienten Informationsverarbeitung der Marktwirtschaft. Sowenig wie der Verkehr ohne Verkehrsschilder gesteuert werden kann, sowenig kann die Marktwirtschaft ohne Preise funktionieren.
Preise beschreiben objektive, wenn auch hochkomplexe, Verhältnisse, die der Orientierung dienen. Fehlen diese Preise fahren die Unternehmer so ziellos durch die Gegend wie der Autofahrer, der verzweifelt nach einem Verkehrschild Ausschau hält, welches ihn darüber informiert, welche Ausfahrt er auf der Autobahn zu nehmen hat um zum Ort X zu kommen.
Die Änderung der Preise führt zu einer Umstrukturierung, ganz so wie der Autofahrer sein Verhalten ändert, wenn ein Schild anzeigt, dass der "übliche" Weg versperrt ist. Das ist der objektive Teil.
Komplizierter ist es mit dem zweiten Teil. Beim zweiten Teil geht es um die Frage, wie sich Menschen optimal an diese objektiven Verhältnisse anpassen und welche Bedingungen vorliegen müssen, damit sie sich optimal anpassen. Es spielen also Variablen wie technischer Fortschritt, Bildung, Innovationskraft, Kooperationsfähigkeit etc.etc. eine Rolle. Diese Variablen, die selber auf die Wirtschaft Einfluss nehmen, sind eben nur bedingt zielführend über Preise steuerbar.Wir gehen in der www.economics-reloaded.de anhand der Bereiche Bildung, Forschung und Entwicklung auf diese Thematik näher ein.
Wachstum ist, z.B, abhängig von der Investition in Forschung und Entwicklung, kann aber durch Preise nicht gelenkt werden und wird ja auch weitgehend nicht durch Preise gelenkt, diese Bereiche werden nämlich in der BRD weitgehend durch das allgemeine Steueraufkommen finanziert. Wer dies ganz einfach erklärt haben will, kann es sich so erklären. Allein der Staat ist groß genug, um sich gegen Fehlinvestitionen in diesem Bereich selber zu versichern.
Die Diskussion wird an dieser Stelle kompliziert und wir können das hier nicht aufarbeiten. Wen es interessiert, der sei auf die www.economics-reloaded.de verwiesen.
Um die Sache aber mal radikal zu vereinfachen und auf den Punkt zu bringen. Die keynessche Kritik setzt an der Tatsache an, dass auch in der marktwirtschaftlichen Ordnung die gigantischste aller möglichen Fehlallokationen und Ressourcenverschwendung möglich ist: Arbeitslosigkeit.
Arbeitslosigkeit ist in der vorkeynesianischen Ökonomie schlicht unmöglich. Leider nur in der Theorie. Probleme wie Bildung, Forschung und Entwicklung, Innovationsgrad, Marktstruktur etc. etc. nimmt Keynes, aus rein analytischen Gründen, als gegeben an. Damit sieht die Situation dann so aus. Der Neoliberalismus / Ordoliberalismus / Monetarismus behält im rein ökonomischen Bereich nicht recht. Wir erleben z.B. tagtäglich, dass Sicherheit und damit Liquidität vor riskanter Rentabilität geht. Der Geldmarkt schlägt, keynesianisch ausgedrückt, den Gütermarkt. Wir gehen hier aber nicht näher auf die Problematik ein.
Die andere Frage, nämlich wie die Dinge gesteuert werden können, die nicht über marktwirtschaftliche Mechanismem gesteuert werden können, beantworten die einen sowenig wie die anderen. Das ist aber hier nur ein Thema am Rande.
Der langen Rede kurzer Sinn: Die Probleme, die wir bei Justitia finden, finden wir auch in anderen Bereichen. Alle Bereiche, die sich der objektiven Kontrolle durch den Markt entziehen können, werden dies tun. Der Markt hat die Eigenschaft, Verhältnisse objektiv abzubilden. Es stellt von daher immer eine Schranke dar, wenn der Vergleich möglich ist. Ein Diplom Informatiker kann subjektiv der Meinung sein, er sei 7000 Euro im Monat wert. Das Unternehmen, das ihn einstellen soll, wird dann alle Alternativen durchspielen. Anwerbung eines Informatikers aus Russland oder Iran, Ankauf externer Programmierleistung in Indien, Ausweichen auf eine Standardlösung, Zurückschrauben der Ansprüche etc. etc..
Aus diesen Überlegungen ergibt sich dann der tatsächliche Wert. Je schwerer aber dieser Vergleich ist, desto eher ist es möglich, unrealistische Forderungen durchzusetzen, insbesondere dann, wenn derjenige der schlussendlich bezahlt, also in der öffentlichen Verwaltung der Steuerzahler, an den Verhandlungen gar nicht beteiligt ist und in der Regel nicht mal weiß, was er überhaupt bezahlt.
Wer jetzt argumentiert, dass man auch bei einem Ingenieur bei Siemens nicht wisse, was der Ingenieur verdient, der hat das System nicht begriffen. Unternehmen, die am Markt agieren, müssen die Kosten auf die Preise weiterwälzen. Wird zuviel gezahlt, ist diese Weiterwälzung nicht möglich. Das System kontrolliert sich ganz von alleine, ohne dass sich irgendjemand die Mühe machen muss, nachzuforschen. Das einzig Interessante ist der Preis des Staubsaugers, Handys, Computers etc.. Stellt Siemens irgendwann mal weder Computer noch Handys her, dann war die Kostenstruktur wohl falsch. Der Diplom Informatiker, Ingenieur, Kfz-Mechaniker, Zimmermann kann sich auch nicht gegen den Markt immunisieren. Sind die Gehälter hoch, werden sich die Leute in diesen Berufsfeldern qualifizieren und noch während der Lebenszeit können die Gehälter derartig in den Keller gehen, dass eine berufliche Neuorientierung nötig ist.
Bei Beamten muss diese Anpassungsleistung nicht stattfinden und findet auch nicht statt. Sie sind durch ihre Stellung auf Lebenszeit davor gefeit, dass die Gesellschaft die sich bietenden Rationalisierungspotentiale ausschöpfen kann. Zu Deutsch: Die Sicherheit der Beamten ist ein Kostenfaktor für den Steuerzahler.
Ist der Marktpreis höher als die Besoldung des Beamten, dann wird der Beamte in die freie Wirtschaft wechseln. Ist die Beamtenbesoldung höher als der Marktpreis, bleibt er Beamter. Der Steuerzahler wird bei diesem Spiel immer verlieren. Gegenrechnungen argumentieren meistens mit einem Vergleich Gehalt / Besoldung, vergessen aber, dass bei Beamten die Altersversorgung kalkulatorisch mit anzusetzen wäre. Dass Beamte sich ausgebeutet fühlen ist bekannt, allerdings bietet ihnen die marktwirtschaftliche Ordnung die Möglichkeit, sich aus dem Zustand der Ausbeutung zu befreien, indem sie sich einen Job in der freien Wirtschaft suchen. Eine Gesellschaft hat selten Probleme damit, Bürokratien aufzubauen. Das Problem besteht immer darin, diese wieder zu reduzieren.
Dem Leser ist aufgefallen, dass hier neoliberale Thesen vertreten werden. In Wirklichkeit sind die Verhältnisse komplizierter. Auf die www.economics-reloaded.de wurde hingewiesen. Aber auch eine aus anderen Gründen falsche Theorie, kann eine wahren Kern enthalten.
Marktwirtschaftlich müsste der Preis für Juristen fallen, wenn es diese, wie momentan, reichlich und überreichlich gibt und in einer Marktwirtschaft können auch die Gehälter für Richter nicht sakrosankt sein. Bei einem Überangebot müssen die Löhne auch fallen können. Die Strategie die gefahren wird, ist nun aus anderen Bereichen, etwa der institutionalisierten Bildung, bekannt. Es wird versucht, sich der Messbarkeit durch marktwirtschaftliche Mechanismen zu entziehen. Die im deutschen Philologenverband organisierten Gymnasiallehrer tun dies, indem sie eine hohe Qualität des Ausbildungsstandes der dort beschäftigen Lehrer behaupten, die wiederum sowenig konkretisiert wird, wie die Richterschaft ein Verlangen danach hat, irgendwelche harten Qualitätsmaßstäbe zu erarbeiten.
Der zweite Aspekt ist die Schaffung von Zugangsbarrieren. Auch das ist ein Phänomen, das wir immer wieder finden. Ein ähnliches Verhalten zeigten auch die Zünfte im Mittelalter. Illustrativ ist hierbei wieder der deutsche Philologenverband, der ganz ähnlich vorgeht, wie der deutsche Richterbund. Klar ist, dass der Status der Gymnasiallehrer und damit ihre Besoldung fällt, wenn der Bachelor reicht, um an Gymnasien zu unterrichten. Entsprechend heftig ist der Widerstand, siehe Positionspapier des Deutschen Philologenverbandes zur gymnasialen Lehrerbildung. Eine Diskussion der Argumente lohnt jetzt nicht wirklich, weil es so was wie das Staatsexamen nur in Deutschland gibt und deutsche Schulen nun mal nicht erfolgreicher sind.
Ganz ähnlich argumentiert natürlich die Juristenzunft. Rechtsberatung dürfen nur Rechtsanwälte durchführen. Auch hier vermögen die vorgebrachten Argumente kaum überzeugen, weil es eben kein Land gibt, wo die Rechtsberatung derart reglementiert ist wie in Deutschland. Eine marktwirtschaftliche Ordnung wäre, dass jeder die Rechtsberatung wählt, die ihm am günstigsten erscheint.
Eine Notwendigkeit eines staatlichen Eingriffs zur Sicherung bestimmter Maßstäbe besteht nur dann, wenn unbeteiligte Parteien (Straßenverkehr) von einer nicht sachgerechten Entscheidung betroffen sind oder wenn es ausgeschlossen ist, dass der einzelne eine sachgerechte Entscheidung treffen kann und / oder die Auswirkungen einer Fehlentscheidung verheerend wären (Medizin).
Erfolgt die Beratung kostenpflichtig, reichen die üblichen Verfahren des Verbraucherschutzes, Haftung, Versicherung vollkommen aus. Der Bürger ist bei der Wahl eines Rechtsberaters keineswegs mit einer Situation konfrontiert, die den Bereich dessen, was er im Verlaufe seines Lebens an komplexen Situationen bewältigen muss, übersteigt.
Neoliberale Strömungen, insbesondere eben der Monetarismus von Milton Friedman, haben durch bestimmte Entwicklungen eine katastrophalen Ruf in der breiten Öffentlichkeit. Es lässt sich aber im Gegenzug nicht bestreiten, dass scheinbar wohlmeinende Ziele, Schutz des Bürgers vor sich selbst, soziale Absicherung, meritorische Güter sich auch zum Aufbau von Bürokratien, Durchsetzung von Partikularinteressen und einer schleichenden Entmündigung des Bürgers eignen. Je stärker der Staat eingreift, wie wohlmeinend die Ziele auch gewesen sein mögen, desto schwerer kontrollierbar wird er und desto mehr haben die Profiteure dieser Regulierungen die Möglichkeit, sich durch Intransparenz der Kontrolle durch die Öffentlichkeit zu entziehen.
Wir haben also ein allgemeines Problem. Das Problem ist nicht nur auf Justitia beschränkt. Im Gegenzug müssen wir aber hinnehmen, dass es weite Bereiche des öffentlichen Lebens gibt, die durch die knallharten marktwirtschaftlichen Mechanismen nicht gesteuert werden können. Da wo Milton Friedman den Versuch unternimmt, auch diese Bereiche durch marktwirtschaftliche Mechanismen zu steuern, scheitert er. Wir gehen darauf ausführlich in der www.economics-reloaded.de ein.
Dass wir eine Staatsquote von fast 50 Prozent haben ist eben nicht allein der Tatsache geschuldet, wie der Neoliberalismus / Ordoliberalismus / Monetarismus sich das vorstellt, dass der Staat, meist so abstrakt als "Staat" vorgestellt, dazu neigt, immer mehr Ressourcen an sich zu ziehen. Bestimmte Bereiche, Bildung, Forschung und Entwicklung, meritorische Güter, externe Kosten etc. etc. sind eben durch marktwirtschaftliche Mechanismen nicht zu steuern und werden von daher in allen Industriestaaten westlicher Prägung über Steuergelder finanziert.
Wir können aber auch Bereiche haben, wo ein an sich äußerst positive Entwicklung, der europäische Einigungsprozess, durch eine Bürokratie in Misskredit gerät. Es kommt hier entscheidend darauf an, dass in der öffentichen Meinung zwischen der Einigung Europas und Brüssel unterschieden wird.
Justitia ist nun einer dieser Fälle. Die Kontrolle ist hier durch marktwirtschaftliche Mechanismen nicht gewährleistet. Allerdings irrt der Richterbund völlig, wenn er der Meinung ist, dass Justitia nicht mehr von der breiten Öffentlichkeit begutachtet werden müsste. Diese Ansicht ist völlig falsch. Sie ist sogar noch falscher, als man bei nur oberflächlicher Betrachtung meinen könnte und zwar aus folgendem Grund. Es liegt in der Natur der Dinge, dass politische Entscheidungen über Gesetze umgesetzt werden. Hinter einem Gesetz können hochkomplexe wirtschaftliche Theorien stecken. Das Kartellrecht ist zum Beispiel ein solcher Fall. Um es adäquat anzuwenden, muss man die ökonomischen Ziele verstehen, die damit verfolgt werden. Leitet z.B. die EU Kartellbehörde ein Verfahren gegen google wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung ein, dann stellt sich die Frage, ob das ökonomisch sinnvoll ist, was wiederum von sehr vielen Fragen abhängt. Was ist der relevante Markt? Geographisch (Welt, Kontinent, Land) und inhaltlich (der Markt für Suchmaschinen, der Werbemarkt). Wie hoch sind die Eintrittsbarrieren? Kann die Ausnützung einer marktbeherrschenden Stellung von google ausgenützt werden oder würde dies andere Anbieter auf den Plan rufen. Gibt es andere Suchmaschinen und hat sich google gegen diese lediglich in einem Leistungswettbewerb durchgesetzt? Ist zu vermuten, dass google aufgrund seiner Stellung sich auf anderen Märkten, etwa bei Betriebssystemen durchsetzen kann? Muss die Marktmacht von google nicht hingenommen werden, da es für die Verbraucher (z.B. die Leute, die Werbung schalten) günstiger ist?
Diese Fragen haben mit dem eigentlichen Gesetz nichts zu tun. Hier geht es um ökonomischen Sachverstand, den Richter, in der Regel ökonomische Laien, nicht besitzen. Sie besitzen ihn auch im Bereich Urheberrecht nicht. Offensichtlich ist noch keinem Richter aufgefallen, dass das Urheberrecht dem Urheber schadet. Der Urheber hat ein massives Interesse daran, dass seine Werke möglichst oft raubkopiert werden, da die Lizenzgebühren nach §97 UrhG bei der aktuellen Rechtssprechung deutlich, in dem Fall, der diesem Verfahren zugrunde liegt um das Zweihundertfache, den Betrag übersteigen, der durch eine vorab Lizenzierung zu zahlen ist.
Frau Benz meint, ein Hoster könnte eine Unterlassungserklärung wegen der Verwendung urheberrechtlich geschützter Werke unterschreiben, weil der Verletzer gleichzeitig auch Geschäftsführer der GmbH ist. Sie kapiert nicht, dass ein Hoster gar keine technischen Möglichkeiten hat, eine Urheberrechtsverletzung durch seine Hosting Kunden zu unterbinden. Sie kapiert es einfach nicht. Sie würde wahrscheinlich auch von der Strato AG eine Unterlassungserklärung fordern, wenn deren Geschäftführer auf einen Rechner der Strato AG ein Bild hochlädt. Das wäre zwar enorm lustig und die Welt hätte was zu lachen, aber wir sehen, dass es oft auch eine Verständnis dessen braucht, was mit Gesetzen eigentlich erreicht werden soll.
Die Abmahnung, die den Raubkopierer daran hindert, weitere Werke raubzukopieren, schadet dem Urheber finanziell massiv. Es gibt keinen vernünftigen Grund anzunehmen, dass Uwe Lochstampfer sich nicht auch über weitere 180 Euro gefreut hätte, denn er hatte schon ein starkes Interesse an diesen 180 Euro, ursprünglich verlangte er ja 300. Er verlangt im übrigen immer noch 300 Euro, obwohl er inzwischen weiß, dass er gerichtlich seine Forderungen nicht würde durchsetzen können, siehe Rechnung Flora Foto. Das Dokument ist im übrigen interessant, weil es bezeugt, dass er beim Verfahren vor dem Landgericht eine Falschaussage gemacht hat. Er selbst vermarktet die Fotos, nicht seine Frau.
Ob Justitia jetzt nicht erkennt, dass die Abmahnung, die ja weitere Einnahmen für den Urheber verhindert, aber die darbenden Rechtsanwälte ernährt, dem Urheber schadet oder aus anderen Gründen an dieser Rechtsprechung festhält, ist unklar. Klar ist aber, dass die Anwendung von Recht oft eine Durchdringung ökonomischer Zusammenhänge beinhaltet, wenn das mit dem Gesetz intendierte Ziel auch tatsächlich erreicht werden soll.
Justitia ist damit eng verbandelt mit der Legistlative und der Exekutive. Ohne eine breite öffentliche Diskussion lässt sich schlicht ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf nicht feststellen. Es ist die breite öffentliche Debatte, die wohl dem Gesetzgeber verdeutlicht hat, dass beim Urheberrecht einiges schief läuft. Sinnvollerweise würde sich die Richterschaft an dieser öffentlichen Diskussion sogar beteiligen. Dieses Engagement ist aber kaum systemisch erzwingbar, wäre allein vom persönlichen Engagement abhängig und unterbleibt folglich.
Verlautbarungen der Richterschaft, so man sie im Netz findet, sind meistens auf einem katastrophalen intellektuellen Niveau. Die Insistierung auf der richterlichen Unabhängigkeit kann nicht überzeugen. Die richterliche Unabhängigkeit soll den Missbrauch des Rechts im Einzelfall verhindern, so die Theorie. Wir können aber gar nicht sicher sein, ob es nicht gerade die richterliche Unabhängigkeit ist, die dem Missbrauch des Rechts Vorschub leistet. Beim Urheberrecht scheint es eher so zu sein, wie wenn die Politik die Richterschaft auf den Pfad der Tugend zurückführen muss und zwar eindeutiger, als dies bislang geschehen ist. Beim § 97a UrhG, der das Ziel hatte, die Abmahnindustrie einzudämmen, greift die Richterschaft nämlich ihren darbenden Rechtsanwalts Kollegen eher unter die Arme. Der Kasus an sich ist zwar unbedeutend, aber illustrativ. Ein mehr an Unabhängigkeit, wie von der Richterschaft gefordert, müsste schlüssiger erklärt werden, um nicht schlicht als bürokratietypische Interessensvertretung zu erscheinen.
Da die Judikative nur das umsetzt, was die demokratisch gewählte Legislative vorgibt, muss die Judikative genauso der öffentlichen Kontrolle unterliegen, wie die Legislative.
Instransparenz untergräbt letztlich auch wesentliche Bestandteile der Verfassung
Artikel 5 Grundgesetz
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
Das Recht seine Meinung frei zu äußern wird zum Witz, wenn die Fakten nicht zugänglich sind und man sich folglich eine fundierte Meinung gar nicht bilden kann. Allgemein zugängliche Quellen ist hierbei eine kritische Formulierung. Controlling, auch in der öffentlichen Verwaltung und, so verwirklicht, auch in der Justiz, hat eine gewissen Neigung sich auch unbekannte Quellen zu erschließen. Das ist genau genommen sogar der Sinn des Controllings. Wir verstehen die Probleme, die Bürokratien im Allgemeinen haben. Probleme können aber in einem demokratischen Rechtsstaat nicht systematisch auf Kosten des Steuerzahlers gelöst werden.
Basis der fundierten Meinung ist ein Zugang zu den Fakten (zusammen mit dem theoretischen Rüstzeug, das die Bewertung dieser Fakten erlaubt). Wir haben aber durch dieses Verfahren eher den Eindruck gewonnen, dass Justitia beeindrucken, aber nicht überzeugen will. Damit ist Justitia auf der schiefen Bahn.
Justitia wird auf diesem Weg auch nicht weiterkommen und lernen müssen, professionell mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren. Andernfalls kann es passieren, dass die Öffentlichkeit über Justitia, aber nicht mit Justitia spricht. Es gibt zwar keinen systemischen Weg, Justitia zu zwingen mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren, aber wir werden noch erleben, dass alle Urteile, auch die der Amtsgerichte, veröffentlicht werden. Der Tenor des Urteils vom 26.02.1997 des BVerwG ist hier eindeutig.
Die Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen ist eine öffentliche Aufgabe. Es handelt sich um eine verfassungsunmittelbare Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt und damit eines jeden Gerichts. Zu veröffentlichen sind alle Entscheidungen, an deren Veröffentlichung die Öffentlichkeit ein Interesse hat oder haben kann. Veröffentlichungswürdige Entscheidungen sind durch Anonymisierung bzw. Neutralisierung für die Herausgabe an die Öffentlichkeit vorzubereiten.
aus: Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen
Das Urteil hat im übrigen auch ein intellektuelles Niveau, das über das Geblubber der Richterschaft hinausgeht. Es kann also sein, dass wir hier sehr pauschale Ausssagen treffen. Es verdichtet sich der Eindruck, dass ab den Oberlandesgerichten die Qualität der Urteile deutlich zunimmt. Das kann auch daran liegen, dass diese Urteile eben veröffentlicht werden und das öffentliche Interesse größer ist.
Es führt dann weiter aus:
Diese Pflicht folgt aus dem Rechtsstaatsgebot einschließlich der Justizgewährungspflicht, dem Demokratiegebot und auch aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung: Gerichtliche Entscheidungen konkretisieren die Regelungen der Gesetze; auch bilden sie das Recht fort (vgl. auch § 132 Abs. 4 GVG). Schon von daher kommt der Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen eine der Verkündung von Rechtsnormen vergleichbare Bedeutung zu. Der Bürger muß zumal in einer zunehmend komplexen Rechtsordnung zuverlässig in Erfahrung bringen können, welche Rechte er hat und welche Pflichten ihm obliegen; die Möglichkeiten und Aussichten eines Individualrechtsschutzes müssen für ihn annähernd vorhersehbar sein. Ohne ausreichende Publizität der Rechtsprechung ist dies nicht möglich. Rechtsprechung im demokratischen Rechtsstaat und zumal in einer Informationsgesellschaft muß sich – wie die anderen Staatsgewalten – darüber hinaus auch der öffentlichen Kritik stellen. Dabei geht es nicht nur darum, daß in der Öffentlichkeit eine bestimmte Entwicklung der Rechtsprechung als Fehlentwicklung in Frage gestellt werden kann. Dem Staatsbürger müssen die maßgeblichen Entscheidungen auch deshalb zugänglich sein, damit er überhaupt in der Lage ist, auf eine nach seiner Auffassung bedenkliche Rechtsentwicklung mit dem Ziel einer (Gesetzes-)Änderung einwirken zu können. Das Demokratiegebot wie auch das Prinzip der gegenseitigen Gewaltenhemmung, das dem Grundsatz der Gewaltenteilung zu eigen ist, erfordern es, daß auch über die öffentliche Meinungsbildung ein Anstoß zu einer parlamentarischen Korrektur der Ergebnisse möglich sein muß, mit denen die rechtsprechende Gewalt zur Rechtsentwicklung beiträgt. Nicht zuletzt dient es auch der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege für die Aufgabe der Fortentwicklung des Rechts, wenn über die Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen eine fachwissenschaftliche Diskussion ermöglicht wird. Zur Begründung der Pflicht der Gerichte, der Öffentlichkeit ihre Entscheidungen zugänglich zu machen und zur Kenntnis zu geben, bedarf es bei dieser Verfassungslage keiner speziellen gesetzlichen Regelung; eine solche hätte lediglich klarstellende Bedeutung.
aus: Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen
Dieser kurze Abschnitt relativiert natürlich alles, was bislang gesagt wurde. Wir reden aber nicht über oberste Gerichte, sondern über das Fussvolk. Dass Bundesgerichte ein höheres intellektuelles Niveau haben und offensichtlich, exempla statut, sehr klarsichtig sind, trifft wahrscheinlich zu. Der Bürger hat es aber erstmal mit Amtsgerichten und Landesgerichten zu tun. Den Aussagen des Bundesverwaltungsgerichtes bzgl. der Veröffentlichung von Urteilen ist ansonsten nichts hinzuzufügen. Man kann es nur noch mal zusammenfassen.
Das BVerwG stellt also fest.
1) Die Judikative hat sich genauso der öffentlichen Diskussion zu stellen wie die Exekutive und die Legislative.
2) Die Urteile müssen veröffentlicht werden, damit über eine öffentliche Diskussion Fehlentwicklungen erkannt werden.
3) Das Urteil stellt darauf ab, dass sich die Gewalten gegenseitig hemmen, bzw. kontrollieren sollen. In den Worten des Neoliberalismus à la Hayek würde man das so formulieren. Weder darf es möglich sein, dass Gesetze auf einen spezifischen Fall unter Einfluss der Exekutive "hingebogen" oder ignoriert werden, noch darf es für einen Einzelfall spezielle Gesetze geben wie etwa das Leistungsschutzrecht, das im Grunde ein lex google ist. Das garantiert die Unabhängigkeit der Justiz. Im Gegenzug kann aber auch die Unabhängigkeit der Justiz nicht dazu führen, dass die Intention der Gesetze der demokratisch legitimierten Legislative von der Judikative ausgehebelt werden.
4) Die Veröffentlichung von Urteilen ist auch deswegen notwendig, um eine Fachdiskussion zu ermöglichen. Das ist zwar richtig, aber die Analyse des Urteils, das dieser Studie zugrunde liegt, zeigt auch, dass diese Fachdiskussion auf einem sehr niedrigen intellektuellen Niveau stattfinden kann.
Für das Bundesverwaltungsgericht scheint sich dies so offensichtlich aus dem Demokratieprinzip zu ergeben, dass es nicht mal die Notwendigkeit erkennt, dies durch ein spezielles Gesetz zu regeln, was zutreffend ist. Ohne die Möglichkeit, sich eine fundierte Meinung zu bilden, ist die Demokratie, zumindest wenn wir sie im Sinne Poppers als Erkenntnisprozess auffassen, siehe www.economics-reloaded.de, dann kritischer Rationalismus, eine hohle Phrase. Demokratie setzt voraus, dass eine bewusste Entscheidung aus mehreren Alternativen gewählt werden kann. Kann eine rationale, bewusste Entscheidung nicht getroffen werden, kann man sich auch alle vier Jahr zum Würfeln treffen.
Trotzdem würde der Autor weiter gehen. Es ist eine der stabilsten Annahmen der Ökonomie, die sich empirisch und historisch äußerst leicht belegen lässt, dass kompakt organisierte Gruppen dazu neigen, den Wettbewerb auszuschalten, Sachzusammenhänge zu verdunkeln und sich dem direkten Leistungsvergleich zu entziehen versuchen. Zwar beziehen sich Walter Eucken und Alfred Müller Armack, die oft als "Väter der sozialen Marktwirtschaft" angeführt werden, in ihren Überlegungen nur auf die Wirtschaft, aber es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass andere kompakte Gruppen nicht ähnlich strukturiert sind.
Der Autor hat zwar über den Ordoliberalismus in der www.economics-reloaded.de ein bisschen gewitzelt, weil er fand und findet, dass der Ordoliberalismus nur ein einziges Thema hat, nämlich die Aufrechterhaltung des Wettbewerbs, aber richtig sind die Aussagen von Walter Eucken trotzdem. Wer will kann es nachlesen, siehe Walter Eucken, Grundsätze der Wirtschaftspolitik.
Gewitzelt hat der Autor auch, weil die Ausschaltung des Wettbewerbs in einer globalisierten Wirtschaft kaum möglich ist. Überhöhte Preise würden sofort Anbieter aus irgendeinem Winkel des Globus anziehen. Relevanter scheint dem Autor das Problem bei Bürokratien. Die Annahme, dass sich Justitia, Gymnasiallehrer, öffentliche Verwaltung anders verhalten als Unternehmer erscheint vor allem deswegen so unplausibel, weil in diesen Bereichen keine Transparenz herrscht und wir auch nicht erkennen können, dass an der Herstellung von Transparenz ein sonderliches Interesse besteht. Wir wiederholen die bislang vorgetragenen Argumente, die insgesamt gegen die These sprechen, dass Bürokratien, völlig anders als Unternehmen, keine Eigeninteressen vertreten.
1) Ziel des Controllings, operativ (Implementierung einer Kosten- und Leistungsrechnung) oder strategisch (Definition von strategischen Zielen wie Akzeptanz in der Öffentlichkeit, Einheitlichkeit der Rechtssprechung, Nachvollziehbarkeit etc.) ist Kontrolle. Justitia merkt nun an, dass die spezifischen Produkte der Rechtssprechung sich einer monetären Bewertung entziehen, sie hält das für eine Ökonomisierung der Justiz. Hierzu ist zuerst festzustellen, dass die Argumentation vor allem defensiv verläuft. Es wird nicht nur die Möglichkeit der Kontrolle über die spezifischen Instrumente des Controllings verneint, sondern überhaupt die Möglichkeit und Notwendigkeit einer Kontrolle irgendwelcher Art. Die vorgetragenen Argumente sind dann aber obendrein falsch. Falsch sind sie schon deswegen, weil sich die gleichen Probleme auch bei Unternehmen ergeben, die im Wettbewerb agieren. Des Weiteren macht die Kosten- und Leistungsrechnung überhaupt keine qualitativen Aussagen. Es ist jedem Richter auch bei Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung unbenommen doppelt solange für ein Urteil zu brauchen wie sein Kollege. Allerdings bietet die Kosten- und Leistungsrechnung die Möglichkeit, die Parteien nur mit den tatsächlichen Kosten zu belasten. Eine "Ökonomisierung" würde nur dann stattfinden, wenn, wie dies in der Berliner Verwaltung geschieht, bei der Budgetierung nur noch die Mittel zugewiesen werden, die bei einer repräsentativen Leistungserstellung notwendig sind. Können Unterschiede gerechtfertigt werden, wovon der deutsche Richterbund ja sicher ausgeht, wird einfach nach Istkosten budgetiert. Die kategorische Ablehnung jeder Art von Kontrolle muss allerdings den Eindruck entstehen lassen, dass Kontrolle gefürchtet wird.
2) Gegen die These von der Andersartigkeit von Bürokratien spricht natürlich auch die Tatsache, dass der deutsche Richterbund in Verhalten, Argumentation und Forderungen stark anderen ähnlichen Organisationen wie dem Philologenverband ähnelt, die leichter zu beurteilen und sich von daher leichter als reine Interessensvertretung zu erkennen geben. Es sind die Argumente und Forderungen die eben auch Milton Friedman in Capitalism and Freedom als typisch herausarbeitet. Beide, Juristen und Gymnasiallehrer fordern starke Zugangsbeschränkungen für die Ausübung der jeweiligen Tätigkeit und rechtfertigen dies damit, dass nur so eine nicht näher definierte Qualität erhalten werden könne. Beide sehen den Beamtenstatus als notwendige Voraussetzung für die Erfüllung "hoheitlicher" Aufgaben. Beide haben eine ähnliche Ansprache der "Öffentlichkeit" bzw. halten es nicht für nötig, sich mit dieser intensiver, also durch eine Diskussion über Inhalte, näher zu befassen. Beide gehen davon aus, dass sie im Besitz eines spezifischen Wissens sind, dass sich der Beurteilung der Öffentlichkeit entzieht. Damit entziehen sich beide dem Vergleich mit Verhältnissen in marktwirtschaftlich operierenden Unternehmen. Beim Philologenverband ist das jetzt natürlich unmittelbar lächerlich. Ob an einem Gymnasium Trigonometrie unterrichtet wird oder an einer Realschule, ist völlig egal. Der Unterschied kann den Einkommensunterschied nicht erklären. Kein Land der Welt kennt etwas, was mit dem Staatsexamen vergleichbar wäre.
3) Die harte Variable ist Qualität. Eine Waffe wird diese Qualität für Justitia insofern, als sie ganz grundsätzlich negiert, dass die Qualität richterlicher Rechtssprechung in irgend einerweise gemessen werden kann. Der deutsche Richterbund schreibt:
Bei der Kosten- und Leistungs-Rechnung ist daher nicht - wie zurzeit - von einem operativen Produktverständnis (Verfahrensdurchführung), sondern von einem wirkungsorientierten Produktverständnis (Schaffung von Rechtssicherheit, Rechtsfrieden, materieller Gerechtigkeit u. a.) auszugehen. Die hierfür erforderliche "Messmethode" muss entwickelt werden. Dies kann nur unter Mitwirkung der Richter und Staatsanwälte geschehen.
aus: http://www.drb.de/cms/index.php?id=402
Das wirkungsorientierte Produktverständnis (Schaffung von Rechtssicherheit, Rechtsfrieden, materieller Gerechtigkeit u. a.) wird hierbei aber nicht näher qualitativ bestimmt. Die Messmethode, im Original in Anführungsstrichen, soll erst noch von den Richtern und Staatsanwälten ermittelt werden. Der Autor würde sagen, dass die Richter und Staatsanwälte nun schon 60 Jahre Zeit hatten, eine solche Messmethode zu entwickeln, dies aber nicht getan haben. Von daher ist davon auszugehen, dass sie eine solche Methode schlicht nie entwickeln werden. Vergleicht man es mit anderen Interessensvertretungen, z.B. dem sehr ähnlich strukturierten Philologenverband, dann wird man vermuten, dass Kriterien, die die Qualität messbar machen, auch gar nicht entwickelt werden sollen, denn die Messbarkeit ist nun mal der erste Schritt zur Kontrolle. Messbarkeit würde auch bedeuten, dass präziser ermittelt werden könnte, welche Qualifikationen benötigt werden, um eine ausreichende Qualität zu gewährleisten. Nimmt man als Beispiel das Verfahren, das dieser Untersuchung zugrunde liegt, dann hätte diese "Qualität" eigentlich von schlicht jedem erreicht werden können, der ein gewisse Übung in der Interpretation von Texten hat, also zumindest von jedem Akademiker. (Das beinhaltet keine Wertung. Dem Autor ist vollkommen klar, dass es eine Menge nichtakademische Berufe gibt, die komplexer sind, als "akademische" Berufe. Aber Akademiker schreiben nun mal mehr und haben hierin mehr Übung, wobei man bei Juristen auch nicht so sicher sein kann, dass das mehr an Übung zur besseren Qualität führt.)
Ein Jurastudium war hierbei vollkommen entbehrlich. Ein ähnliches Phänomen, der Einsatz qualitativ nicht näher bestimmter Ziele als Waffe, haben wir im Übrigen auch beim Apothekerverband und auch hier haben wir einen deutschen Sonderweg. In jedem anderen Land auf diesem Globus können Trivialmedikamente wie schwache schmerzstillende Mittel auf Basis von Acetylsalicylsäuere bzw. Paracetamol in jedem Supermarkt gekauft werden. In Deutschland wird geschützt, wobei niemand weiß, wer genau geschützt wird. Der Apotheker und dessen Geldbeutel oder der Konsument. Kompakt organisierte Interessensgruppen werden immer dazu neigen, ihre Ziele so vage zu definieren, dass eine Kontrolle unmöglich ist, was meist mit dem Bestreben verbunden ist, die Bevölkerung für unmündig zu erklären bzw. sie durch die Hypostasierung irgendwelcher "höheren" Werte in Unmündigkeit zu halten.
Dem deutschen Richterbund ist offensichtlich gar nicht klar, was für eine kompletten Unsinn er hier von sich gibt.
Die Höhe des Streitwerts hat sich ausschließlich am Gesetz, nicht aber an Möglichkeiten der Einnahmenerzielung zu orientieren. Hinzu kommt, dass eine Einnahmenbudgetierung zu großen Ungerechtigkeiten zwischen den Gerichten führen würde. Die durch Gebührentatbestände festgelegten Einnahmen stellen bewusst nicht auf den jeweiligen Verfahrensaufwand ab, so dass es mehr zufällig ist, wo nach dem Gesetz einnahmeträchtige Verfahren (wie z. B. Handels- und Wettbewerbssachen) und aufkommensschwache Verfahren (wie z. B. Strafverfahren oder Sozialhilfesachen) angesiedelt sind.
aus: Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Abschlussbericht der Arbeitsgruppe "Neues Steuerungsmodell"
Der Abschnitt haut jeden Controller vom Hocker: Die Höhe des Streitwerts hat sich, meint der Richterbund, ausschließlich am Gesetz zu orientieren. Da fragt man sich natürlich, wie das Gesetz den Streitwert bestimmt.
Der Streitwert kann durchaus, wie in dem Fall, der diesem Verfahren zugrunde liegt, zwischen 2000 Euro und 13000 Euro schwanken. Da heißt, er wird "freihändig" vergeben und zwar so, dass alle Rechtsanwälte ordentlich verdienen. Wieso ein "freihändig" vergebener Streitwert die Parteien vor der Optimierung der Einnahmen der Rechtsanwälte (und auch des Gerichts) schützt und wieso dies gerecht ist, ist ein Geheimnis des deutschen Richterbundes.
Als besonders positiv hebt der deutsche Richterbund dann hervor, dass Einnahmen nichts mit dem Aufwand zu tun haben. Endgültig irre wird es aber dann, wenn der Richterbund es begrüßt, dass einnahmenträchtige Verfahren (z.B. Handels- und Wettbewerbssachen) die aufkommensschwachen Verfahren (Strafverfahren oder Sozialhilfesachen) subventionieren. Der deutsche Richterbund ist also der Meinung, dass wenn Herr Müller ein Smartphone kauft, er die Autoreparatur von Herrn Maier mitfinanzieren soll. Der Autor würde sagen, dass Strafverfahren und Sozialhilfesachen vom Steuerzahler, also von der Allgemeinheit, zu tragen sind. Folgt man der Logik des deutschen Richterbundes, würden ja bei einem Rückgang der Handels- und Wettbewerbssachen die Kosten ansteigen, weil die dann geringere Anzahl an Verfahren die anderen Verfahren decken müssten. Irgendwann wäre eine rechtliche Klärung gar nicht mehr möglich. Interessant an der Aussage ist allerdings, dass der deutsche Richterbund die Wettbewerbssachen als einnahmeträchtig erklärt, was sie ja im Grunde nur deswegen sind, weil abstrus hohe Streitwerte angesetzt werden. Er gibt also zu, dass auch die Gerichte ein Interesse an abstrus hohen Streitwerten haben.
Davon hat der Richter direkt zwar nichts, mindert aber insgesamt den Rationalisierungsdruck auf Justitia. Auf jeden Fall gibt es keinen vernünftigen Grund zu der Annahme, dass der Rechtsanwalt des Klägers, der Rechtsanwalt des Beklagten oder das Gericht sich energisch für realistische Streitwerte einsetzen und das "Gesetz" bestimmt von alleine die Höhe des Streitwertes eben nicht. Ein realistischer Streitwert kann ohne eine Kosten- und Leistungsrechnung nicht ermittelt werden. Was der deutsche Richterbund also tatsächlich meint, ist ein Streitwert, der weitgehend "freihändig" vergeben wird.
Der Streitwert, genau genommen die tatsächlichen Kosten eines Verfahrens, hat sich, das ist naheliegend, an den tatsächlichen Kosten zu orientieren und eine Quersubventionierung ist zu vermeiden. Legt man die Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit zugrunde, die in diesem Prozess gezeigt wurde, dann besteht im Übrigen auch bei den anzusetzenden Kosten ein hohes Rationalisierungspotential. Auf diesem Niveau wäre für Richter und Rechtsanwalt eine Entlohnung mit 1800 Euro brutto im Monat, was dann auf den Stundensatz umgerechnet wird, vollkommen ausreichend. Bei Prozessen in Handelssachen, bei denen Bilanzierungsfragen nach HGB eine Rolle spielen, müsste der Lohn dann höher sein, etwa auf dem Niveau eines Steuerberaters, der tatsächlich was kann.
Was der deutsche Richterbund will, ist weitgehend klar, denn ein ähnliches Verhalten können wir bei allen kompakten Interessensverstretungen, Philologenverband, öffentliche Verwaltung allgemein, Apothekerverband etc. beobachten. Messbarkeit der Leistung wäre der erste Schritt zur Kontrolle der Leistung. Das soll um jeden Preis verhindert werden. Je globaler die Budgetzuweisung erfolgt, desto schwieriger wird es, Leistung zu messen.
Der Autor würde eher dafür plädieren, sogar noch stärker zu gliedern. Also nicht global Wettbewerbssachen, sondern Urheberrecht, irreführende Werbung, Verletzung von gewerblichen Schutzrechten / Patenten, etc. etc.. Je tiefer gegliedert wird, desto eher ist Vergleich und Kontrolle möglich. Und wir betonen noch einmal, weil der deutsche Richterbund hier so grundlegend falsch liegt: Die Kosten- und Leistungsrechnung würde erstmal nur ermitteln, was etwas kostet. Jedem Richter bliebe es hierbei unbenommen, sich für ein Verfahren soviel Zeit zu nehmen, wie er dies für nützlich erachtet. Erst in einem zweiten Schritt, wenn verglichen wird, wäre dann zu ermitteln, ob es wirklich zielführend ist, dass ein Richter für einen ähnlich gelagerten Fall wirklich z.B. doppelt solange brauchen darf, wie ein anderer. Der Zusammenhang zwischen Kosten- und Leistungsrechnung und Messung der Qualität besteht, anders als vom deutschen Richterbund suggeriert, schlicht nicht. Die Kosten- und Leistungsrechnung wirft nur aus, was ein Urteil kostet. Über die Qualität eines Urteils macht sie keine Aussagen.
Eine qualitative Bewertung ist nur möglich, wenn alle Urteile systematisch veröffentlicht werden. Dann würden sich Leute finden, die die Dinger dann qualitativ bewerten. Ein business wäre das z.B. für Rechtsanwälte. Die könnten dann online zeigen, was sie auf der Pfanne haben. Das wäre marketingtechnisch günstiger, also das immer gleiche Blabla.
Weicht ein Urteil im Namen des Volkes ganz erheblich von dem ab, was Jutta Limbach als Einschätzung der "aufgeklärten Öffentlichkeit" bezeichnet, (Jutta Limbach, Im Namen des Volkes, Seite 120), dann besteht Diskussionsbedarf. Ist ein Richter tätig, der, wie in diesem Fall, schlicht das grundlegendste juristische Handwerkszeug nicht beherrscht, wir werden das noch detailliert ausführen, dann besteht unmittelbarer Handlungsbedarf. Die öffentliche Diskussion ist aber nur möglich, wenn, wie das Bundesverwaltungsgericht (siehe oben) zutreffend feststellt, wenn die Urteile auch veröffentlicht werden. Und zwar alle, systematisch und mit starken Suchalgorithmen, wobei letztere schon von google geliefert werden, wenn man sie so ins Netz stellt, dass dieser sie spidern kann.
Die Kontrolle hat also über zwei Wege zu verfolgen. Zum einen ist zu setzen auf die bewährten Prinzipien der marktwirtschaftlichen Ordnung und die entsprechenden Instrumente des operativen und strategischen Controllings. Das ist der systemische Ansatz. Zum anderen müssen sich die Urteile hinsichtlich der Qualität der öffentlichen Diskussion stellen. Justitia selbst ist, das zeigt auch dieses Verfahren und die Reaktion des Amtsgerichts / Landgerichts Hannover nicht in der Lage, die Qualität zu sichern. Es liegt in der Natur der Sache, dass eine Kontrolle der Qualität auch Minderleister identifiziert und kein Richter wird gegen einen Kollegen vorgehen, wobei dies, richterliche Unabhängigkeit, auch gar nicht möglich ist. Aber auch wenn die Minderleistung, im Gegensatz zu dem, was allgemein in einer marktwirtschaftlichen Ordnung üblich ist, nicht unmittelbar sanktioniert wird, kann davon ausgegangen werden, dass die Qualität der Urteile steigt, wenn Richter genau wissen, dass ihre Urteile veröffentlicht werden. Unabhängig davon lassen sich mit einer systematischen Veröffentlichung auch strukturelle Verflechtungen erkennen.