Das Thema Rechtsberatung im internationalen Vergleich ist Gegenstand einer ziemlich heftig, und teilweise unsauber geführten, wissenschaftlichen Debatte. Kritisch setzt sich mit den Zugangsbeschränkungen in der Rechtsberatung diese Studie Professional Services, speziell Rechtsberatung 3.2. Accountancy Services, und, gleichermaßen kritisch, die OECD auseinander.
Unsauber wird es, wenn die Bundesrechtsanwaltskammer eine Studie in Auftrag gibt, die Autoren dieser Studie, ein Volkswirt und ein Professor für Jura diese Studie schreiben und unter dem Label des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln veröffentlichen, für das sie aber nicht arbeiten, siehe Rechtsanwaltsvergütung in Europa. Auf die letztgenannten Studie gehen wir nicht näher ein, die Thesen sind einfach zu abstrus. Die Autoren wollen suggerieren, dass ohne die strikte Reglementierung der Rechtanwaltshonorare diese höher wären. Sie wollen also suggerieren, dass die Bundesrechtsanwaltskammer sich für geringere Honorare einsetzt, als der Markt hergibt. Der Autor glaubt noch nicht so richtig, dass die Mitglieder der Rechtsanwaltskammern ähnlich altruistisch veranlagt sind, wie die Bundesrechtsanwaltskammer und deren Bestrebungen unterstützt. Als Adresse der Bundesrechtsanwaltskammer wird im Übrigen eine Adresse ein Brüssel angegeben, was auf eine Lobbytätigkeit schließen lässt.
Die Studie Professional Services hat einen etwas komplizierten Ansatz. Sie ermittelt den Regulierungsgrad anhand verschiedener Kriterien, Zwang einer Kammer beizutreten, Dauer der Berufsausbildung (Studium + Referendariat), Erlaubnis Zweigniederlassungen zu gründen, Art und Höhe der Regulierung der Vergütung, Öffnung der Rechtsberatung für spezielle Rechtsbereiche, Möglichkeit der Vertretung vor Gericht durch Nicht-Rechtsanwälte etc. etc.. Aus all diesen Kriterien wird dann ein Gesamtindex erstellt, bei dem Deutschland auf dem fünften Platz des in diesem Bereich reguliertesten Marktes landet, nach Griechenland, Österreich, Frankreich, Luxemburg. Allerdings erlauben es die Zahlen nicht, eindeutige Schlüsse aus Unterschieden zu ziehen und der Autor würde prinzipiell bezweifeln, dass dieser Weg gangbar ist. Das Problem liegt darin, dass es kein Land gibt, wo die Verhältnisse schlicht und einfach sind. Schlicht und einfach würde bedeuten, dass die Honorare frei vereinbart werden dürfen und die "Qualifikation" zwar zertifiziert wird, aber ansonsten Wahlfreiheit herrscht. Ein solches System würde aber die Richter massiv unter Druck setzen.
Sinkt das Honorar der Rechtsanwälte auf sagen wir mal fiktiv 2800 Euro pro Monat und haben diese eine ähnliche Qualifikation wie die Richter, dann würde dies natürlich auch eine Diskussion über deren Besoldung in Gang setzen, wenn man nicht einen besonderen Trick findet, der erklärt, dass sich die Unterschiede aus der geringeren Qualifikation der Rechtsanwälte ergeben, was ja dann, naheliegenderweise, die Rechtsanwaltskammern auf die Barrikaden bringen würde. Was wiederum die "gerechte" Entlohnung für Richter ist, ist unklar, und auch die Aussagen der Richterschaft selbst sind kaum erhellend. Sie schreiben:
Da wir keine Möglichkeit zum Streik haben, führen wir unseren Tarifkampf jetzt vor Gericht! Der Staat kündigt den Richtern und Staatsanwälten schleichend die Treue, die er für ihren verlässlichen Einsatz schuldet. Seit Jahren werden wir unangemessen niedrig bezahlt. Das verstößt gegen das Grundgesetz, das hier ganz klare Vorgaben macht: Die Höhe der Besoldung muss der Verantwortung entsprechen, die ein Richter oder Staatsanwalt ausübt, und darf nicht hinter den Gehältern zurückbleiben, die vergleichbare Berufsgruppen erhalten. Die Tragweite der von uns zu verantwortenden Entscheidungen spiegelt sich in unserer Besoldung schon lange nicht mehr wider, und von der Entwicklung von Löhnen und Gehältern innerhalb und außerhalb des öffentlichen Dienstes werden wir seit Jahren abgehängt.
aus: Tarifkampf vor Gericht Richter klagen gegen verfassungswidrige Bezahlung
Der Richterbund argumentiert damit, dass der Staat den Richtern die Treue aufkündigt, die diese wegen ihres verlässlichen Einsatzes einfordern dürfen. Das sind keine Argumente, die z.B. bei Tarifverhandlungen Relevanz hätten.
Gewerkschaften können langfristig nur das verlangen, was wirtschaftlich möglich ist. Sie können also verlangen, an Produktivitätsfortschritten beteiligt zu werden (wenn sie hierbei noch die Produktivitätsfortschritte in Ländern mitbetrachten, mit denen deutsche Unternehmen im Wettbewerb stehen). Gewerkschaften können auch darauf verweisen, dass die Lohnstückkosten im internationalen Vergleich in Deutschland eher niedrig sind, was zu einem ungesunden Leistungsbilanzüberschuss führt und so höhere Lohnforderungen sinnvoll erscheinen lässt. Sie können, wenn es den Tatsachen entspricht, auf hohe Gewinne der Unternehmen verweisen etc. etc..
Hierbei handelt es sich aber immer um ökonomische Größen. Ein Verweis darauf, dass sie verlässlich arbeiten, wäre hingegen kein Argument, denn Verlässlichkeit wird vorausgesetzt. Steht was von Verlässlichkeit in einem Arbeitszeugnis, dann hielt man das für erwähnenswert, was eher schlecht ist.
Auch der Satz "Seit Jahren werden wir unangemessen niedrig bezahlt", bringt nicht viel. Was ist unangemessen? Sind 6000 Euro im Monat unangemessen? Ist fast das Doppelte dessen, was manche topqualifizierte Wissenschaftler erhalten unangemessen? Aber jetzt kommt`s. Und es sind RICHTER (!!!) die das schreiben.
Das, also die niedrige Besoldung, widerspricht dem GRUNDGESETZ! Alter Schalter!! Wo im Grundgesetz was über die Besoldung steht, ist dem Autor unklar. Eine Menge dazu steht im Beamtenbesoldungsgesetz. Auch die Aussage, dass Besoldung der Verantwortung entsprechen muss, ist wenig hilfreich, zumal nicht mal klar ist, was Verantwortung konkret heißt.
Bei einem Brummi Fahrer, zum Beispiel, ist das relativ klar. Bei ihm reicht es, dass er für Bruchteile einer Sekunde nicht aufpasst, um gewaltige Schäden zu produzieren. Dafür haftet er dann. Strafrechtlich, zivilrechtlich, moralisch. Vollständig und höchstpersönlich. Genau diese persönliche Haftung ist bei Richtern aber ausgeschlossen. Damit diese persönlich haften, müssen sie es schon einiges anstellen. Schlampigkeit, Unkenntnis, Faulheit etc. reicht da nicht.
Da muss das Recht schon nachhaltig, bewusst und mit Nachdruck gebrochen werden. Der Autor würde eher sagen, es gibt kaum einen Beruf, bei dem noch weniger persönliche Verantwortung gefordert wird als bei Richtern.
Gilt normalerweise Unwissenscheit schützt vor Strafe nicht, dann ist das bei Richtern genau umgekehrt. Unwissenheit schützt vor Strafe. Wird Recht aufgrund von Unwissenheit gebrochen, ist das keine Rechtsbeugung. Rechtsbeugung ist es nur, wenn es absichtlich gebrochen wurde. Jeder Richter kann sich also einer Strafverfolgung durch Unwissenheit entziehen.
Auch die vergleichbare Lohngruppe bringt uns nicht weiter. Die Richtervereinigung stellt wahrscheinlich auf formale Kriterien wie Länge der Studienzeit ab, was aber wiederum der Autor für kein Kriterium hält. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Komplexität des Rechts überschaubar ist, denn wäre dem nicht so, würde die Wirtschaft zusammenbrechen. Was Recht und Unrecht ist, muss sich auch dem gesunden Menschenverstand so halbwegs erschließen, was ja normalerweise, sieht man mal von so skurrilem Fällen wie dem Urheberrecht ab, genau genommen der Rechtssprechung in diesem Bereich, auch so ist. Beim Urheberrecht ist es so, dass die Rechtssprechung sich derart vom dem was 99 Prozent der Menschheit plausibel erscheint so weit verabschiedet hat, dass es immer wieder zu „Verletzungen“ kommt.
Schwierig sind die Sachzusammenhänge, die gesetzlich geregelt werden sollen. Nicht das HGB selbst ist das Problem, sondern das kaufmännische Rechnungswesen, welches durch Gesetze geregelt wird. Viele Leute trauen sich zu, sich in das Mietrecht in angemessener Zeit einzuarbeiten. Ob sich allzu viele Leute zutrauen, einen HTTP Server wie Apache aufzusetzen und zu konfigurieren, ist dann schon fraglicher.
Der Administrator, der ihn fehlerhaft aufsetzt, trägt im Übrigen eine große Verantwortung, kann er nämlich gehackt werden, dann hat das Unternehmen unter Umständen ein ziemlich teures Problem. Damit fällt aber auch das Argument mit der Tragweite der Entscheidungen weg, denn genau diese Tragweite hat der Richter eben nicht persönlich zu verantworten, was vielleicht ein Fehler ist.
In dem Gustl Mollath würde man sich strafrechtliche Konsequenzen für den Richter durchaus wünschen und zwar solche, die auch abschreckende Wirkung haben.
Vielleicht sollte man bei Justizirrtümern mal genauer hinschauen und feststellen, ob der Richter sich das Leben vereinfacht hat. Last not least steckt in der ganzen Philosophie noch ein skurriler Ansatz. Je mehr Geld ein Richter verdient, desto verantwortungsvoller arbeitet er. Verdient er also nach seinem subjektiven Empfinden zu wenig, dann vernimmt er den Entlastungszeugen eben nicht und schickt den Angeklagten mal für fünf Jahre ins Gefängnis, obwohl dieser eigentlich gar nichts dafür kann, dass die Besoldung in der subjektiven Bewertung des Richters nicht angemessen ist.
Richter sind etwas weit entfernt von der Realität. Ein Bauingenieur, der einen Fehler macht und die Statik falsch berechnet, trägt für den Fehler ganz höchstpersönlich, auch strafrechtlich, die Verantwortung, wenn die Brücke dann zusammenstürzt und ein paar Leute mit in den Tod reißt.
Weiter gehen die Richter davon aus, dass sie aufgrund ihrer guten Examensnoten jederzeit in der Wirtschaft einen Job finden. Der Autor würde empfehlen, dies dann auch zu tun. Der Verlust für die Gesellschaft wäre hinnehmbar, da bei dem üppigen Angebot an Juristen es an Richtern nicht mangeln wird. Die Richter werden dann einwenden, dass dann auch unqualifizierte Juristen Richter werden, wodurch die Qualität der Rechtssprechung leidet. Womit wir wieder beim Anfang wären. Solange sich der deutsche Richterbund dagegen sperrt, eindeutige Qualitätsmerkmale zu nennen, würde die verminderte Qualität niemand wahrnehmen, da sie sich ja mangels geeigneter Kriterien nicht messen lässt. Die geringere Qualität würde also niemandem auffallen, dafür wäre es aber billiger. Der Marktpreis ist die Besoldung, die gerade noch ausreicht, die Richter daran zu hindern, sich einen Job in der Wirtschaft zu suchen, wobei natürlich auch in der Wirtschaft Marktpreise gelten müssen.
Argumentieren könnte man anders. Ist der Verdienst von Richtern und Anwälten, die sitzen im selben Boot, der Verdienst der einen Gruppe hat eine Auswirkung auf den Verdienst der anderen Gruppe, sehr niedrig, dann steigt die Gefahr, dass sie bestochen werden. Je höher der Lohn, desto unwahrscheinlicher ist es, dass eine der Parteien ausreichende Mittel hat, um den Richter zu bestechen. Sehr arme Staaten sind ja tatsächlich mit diesem Problem konfrontiert. Im Iran z.B. lassen sich zumindest kleinere Vergehen im Straßenverkehr mit einem Geldschein, der dem Polizisten in die Hand gedrückt wird, effizient ungeschehen machen.
Der Autor geht aber davon aus, dass der Marktpreis für Rechtsdienstleistungen auch bei Freigabe so hoch wäre, dass dies verhindert wird. Des Weiteren gibt es ja auch andere Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst, die weit weniger verdienen und trotzdem scheint das Problem Korruption in Deutschland überschaubar, auch wenn der Autor einige Fälle kennt, wo er zumindest vermutet, dass ein Unternehmen ein anderes Unternehmen auf nicht ganz koschere Art eingeschleust hat.
Ein weiteres Argument, und dies dürfte zumindest unbewusst eine bedeutende Rolle spielen, ist das Ansehen in der Öffentlichkeit. Die Diskussion wäre hier natürlich vereinfacht, wenn die Besoldung ein Marktpreis wäre und keine künstliche Festlegung. Sollte tatsächlich durch eine völlige Freigabe der Besoldung und der Vergütung die Preise derartig in den Keller rutschen, dass das Ansehen der Justiz leidet, kann man sich ja immer noch überlegen, ob man den Preis wieder anhebt.
Der langen Rede kurzer Sinn. Wissenschaftlich gesehen ist es theoretisch ein fruchtbarer Ansatz, die Unterschiede, die sich aus unterschiedlichen Strukturen ergeben zu ermitteln. Hat zum Beispiel ein Land wesentlich mehr Rechtsanwälte pro 1000 Einwohner, als ein anderes, dann müssten dort die Rechtsanwälte und auch die Richter mehr verdienen. Sind die Zugangsbarrieren höher, dann müsste es weniger Rechtsanwälte geben. Messen könnte man auch, ob eine Akzeptanz der Rechtssprechung in Ländern mit reglementiertem Zugang zur Rechtsberatung höher ist als in Ländern, wo dieser Bereich weniger reglementiert wird. Studien dieser Art setzen aber voraus, dass sich die hierfür benötigten Daten auch ermitteln lassen, bzw. irgendwo, irgendwie erfasst sind. (Erfasst sind sie natürlich bei den Finanzämtern, aber an die Zahlen kommt niemand ran.) Der Aufwand für solche Studien wäre also wahrhaft gigantisch und diesen Aufwand kann nicht mal die OECD betreiben.
Allerdings kann dieser Aufwand nur demjenigen sinnvoll erscheinen, der davon ausgeht, dass der Markt für Rechtsberatung aus irgendwelchen Gründen sich anders verhält, als andere Märkte und folglich die seit Anbeginn der Zeiten geltenden ökonomischen Gesetze hier nicht gelten. Gelten diese Gesetze, dann führt eine hohe Dichte an Rechtsanwälten, wenn man alles dem freien Spiel der Marktkräfte überlässt und nicht regulierend eingreift, zu einem niedrigeren Preis und zwar solange, bis der Marktpreis erreicht ist. Will man aus übergeordneten Gründen verhindern, dass auch die Nachfrage gekürzt wird, will man also verhindern, dass manche Leute aufgrund der Kosten sich keine Rechtsanwalt leisten können, dann kann der Staat auch je nach Marktlage Vergütungen festsetzen bzw. über ein Tender Verfahren Rechtsanwälte einkaufen. Anzunehmen ist aber, dass bei Marktpreisen auch der Staat weniger Geld für Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe bezahlen müsste.
Ein Moment, wo der Markt für Rechtsberatung tatsächlich von anderen Märkten abweicht, ist das Verhältnis von Zugangsbarrieren und Anwaltsdichte. Nichttarifäre Handelhemmnisse, so nennt man das bei Waren, bewirken normalerweise ein geringeres Angebot und höhere Preise. Versperrt also, das ist ein Beispiel, das der im Vorfeld des europäischen Einigungsprozesses erstellte Cecchini Bericht nennt und das wir hier aufgreifen, obwohl es nicht stimmt, das Reinheitsgebot des deutschen Bieres den Zugang zum deutschen Markt für ausländische Brauereien, dann ist Bier in Deutschland teurer. Der Markt für Rechtsberatung nimmt hier aber eine Sonderstellung ein. Obwohl die Zugangsbeschränkungen restriktiv sind, hat Deutschland eine der höchsten Dichte an niedergelassenen Rechtsanwälten der westlichen Industrienationen. Allerdings ist die Zahl isoliert nicht interpretierbar. Sind die Deutschen streitlustiger als andere Völker, dann können sich mehr Rechtsanwälte halten. Ist der öffentliche Sektor größer, dann werden mehr Rechtsanwälte dort untergebracht.
Der Weg über Ländervergleiche zu empirisch belastbaren Zahlen zu kommen ist, rein wissenschaftlich gesehen, verdienstvoll, aber, zumindest in diesem Bereich, kaum durchführbar. Weiter zeigen millionenschwere Studien wie etwa der Cecchini Bericht, der ebenfalls von der Wettbewerbsdichte auf die durch die Einführung des europäischen Binnenmarktes realisierbaren Wachstumswirkungen schließen wollte, dass diese Studien zwar tendenziell richtig sind, quantitativ aber völlig daneben liegen. Der eigentliche Einwand ist aber prinzipieller Natur. Der Witz der marktwirtschaftlichen Ordnung, ganz im Gegensatz zu Planwirtschaften, besteht eben gerade darin, dass der Markt ohne weitere Untersuchungen objektiv richtige Informationen liefert. Es ist nie, absolut nie sinnvoll, die sich aus der Dynamik des Marktes ergebenden Preise durch staatliche Preisfestsetzungen zu verändern. Der harte Kern der sozialen Marktwirtschaft besteht darin, dass man die Marktpreise akzeptiert, das heißt, wie der Volkswirt das nennt, zulässt dass über den Preis eine optimale Faktorallokation möglich ist. Ist das Ergebnis dann aus übergeordneten Gründen inakzeptabel, etwa aus sozialen Gründen, dann verändert man NACHHER, aber nicht vorher. Soll heißen: Das Marktergebnis wird akzeptiert und anschließend wird, über die Besteuerung, Sozialtransfers etc., umverteilt. Die Logik haut hier und da nicht ganz hin, wie wir aktuell bei den Lohnaufstockern sehen, die Unternehmen kalkulieren damit, dass der Staat den zu geringen Lohn aufstockt und lassen sich Arbeit von der Allgemeinheit bezahlen, aber das ist die grundsätzliche und höchst vernünftige Logik.
Völlig anders als der deutsche Richterbund und andere Richtervereinigungen sich das vorstellen, gibt es keinen "angemessenen" Lohn und auch keinen, der sich aus der Verantwortung, Dauer der Ausbildung ergibt oder durch Treue erworben wird. Es gibt nur Marktpreise und man kann schlecht für sich selber reklamieren, dass diese nicht gelten sollen, wenn man sie bei anderen ständig ansetzt. Soviel moralische Integrität muss sein. Ein Richter, der eine Kündigung wegen der Verrechnung von zwei Rabattmarken im Werte von 1,30 Euro für statthaft hält, siehe Fall Emmely muss sich schon gefallen lassen, dass man auch darüber nachdenkt, ob die Besoldung von Richtern tatsächlich Marktpreise sind.
Verantwortung, bzw. eine ernsthafte Auseinandersetzung mit einem Thema, könnte im übrigen auch dadurch dokumentiert werden, dass man die Hintergründe einer Rechtssprechung öffentlich erklärt, z.B. die Höhe der Streitwerte, und zu seiner Meinung dann auch öffentlich steht, was man dadurch dokumentiert, dass man unter seinem eigenen Namen veröffentlicht. Das öffentliche Auftreten von Richtern, z.B. auf der Webseite des deutschen Richterbundes, siehe ww.drb.de, ist eben unter anderem auch aus diesem Grund nicht geeignet, eine ernsthafte Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Fragen zu dokumentieren. Wer eine Meinung hat, zu der er steht, sollte seinen Namen drunter setzen und wer sich seiner Sache nicht sicher ist, der sollte seine Meinung nicht veröffentlichen. Zumindest ist dies so, wenn die Veröffentlichung den Anspruch erhebt, eine intensive Beschäftigung mit dem Thema zu dokumentieren. Anders ist das bei spontanen Äußerungen in Foren, Blogs etc..
Alle Diskussionen über die Kosten der Rechtsberatung sind hochgradig fiktiv. Argumentiert wird mit einer hohen Arbeitsbelastung der Juristen, die aber auch schlicht in mangelnder Qualifikation begründet sein kann. Kein Programmierer kann sich auf den Standpunkt stellen, dass er doppelt soviel für ein Programm verlangen kann, weil er eben nur halb so schnell ist wie die Konkurrenz. Auch das oft vorgebrachte Argument mit der asymmetrischen Information geht in die Irre. Hypostasiert wird, dass die Rechtsberatung für den Mandanten undurschaubar sei, dieser also bei freien Honoraren nur bereit sei, einen Durchschnittpreis zu zahlen, was die Wirkung hätte, dass die Honorare allgemein sinken würden. Dieser niedrigere Durchschnittspreis wäre dann der Maßstab für die nächste Abwärtsspirale. Irgendwann soll dann Punkt erreicht werden, bei dem eine qualitativ hochwertige Beratung nicht mehr möglich sei. (Das ist eine der urigen Thesen der von der Bundesrechtswaltskammer gesponserten Studie.) Die These ist nur dann schlüssig, wenn es nie jemandem auffällt, dass die Qualität sinkt. Sollte dies tatsächlich nie der Fall sein, dann gibt es wohl offensichtlich keine objektiven Kriterien, man könnt genau so gut würfeln, was vielleicht sogar, zumindest beim Urheberrecht, wo ein Richter des Landgerichts einem Richter des Amtsgericht indirekt bescheinigt, dass ihm das grundlegendste juristische Handwerkszeug fehle, wie in diesem Verfahren geschehen, vielleicht sogar zutrifft. Stimmt also die These der oben genannten Studie und fällt es niemandem auf, wenn ein Rechtsanwalt komplett unfähig ist, dann braucht man keine. Der Marktpreis wäre dann O Euro. Umgekehrt würde die These bedeuten, dass die Qualität höher ist, wenn mehr bezahlt wird. In dem Verfahren, dass dieser Analyse zugrunde liegt, wurde mehr bezahlt, 600 Euro anstatt 525 Euro. Allerdings war die Leistung von Mathis Gröndahl eine Welt, Wald und Wiesen Leistung. Nichts wäre naheliegender gewesen, als den Urheber zu fragen, der ja vor Gericht erschien, was er üblicherweise für die Lizenzierung seiner Bilder verlangt. Hier schlief er aber, obwohl der Autor ihn ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht hat, dass dieser Punkt entscheidend ist. Die asymmetrische Information existiert im übrigen auf ALLEN Märkten. Wer z.B. sein Auto zur Werkstatt bringt, weiß in der Regel auch nicht, warum die Karre nicht mehr so richtig fährt, denn wüsste er es, würde er sie unter Umständen selber reparieren. Selbst beim Einbau einer Küche haben wir eine asymmetrische Information, bei medizinischen Dienstleistungen sowieso. Das einzige was speziell ist beim Markt für Rechtsberatung ist die Tatsache, dass das ERGEBNIS nicht objektiv beurteilt werden kann. Die oben genannte Studie schließt hieraus, dass allein über den Preis die Qualität ermittelt werden kann. Der Autor schließt daraus, dass man aus den Preisunterschieden nicht auf die Qualität schließen kann, denn diese ist nicht operational definiert. Wir haben ein Problem, das wir oft finden, vor allem im Controlling in der öffentlichen Verwaltung. Nicht operational definierte Ziele werden als Waffe zur Durchsetzung von Interessen verwendet.
Der langen Rede kurzer Sinn. Wir können nicht mal ansatzweise erkennen, dass wir es beim Markt für Rechtsberatung mit einem Marktversagen zu tun haben, das eine staatliche Preisfestsetzung rechtfertigt. Wir erkennen aber, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen der Besoldung von Richtern und der Vergütung von Rechtsanwälten. Damit haben wir eine recht kompakt organisierte Interessensgruppe. Da diese Konstellation weltweit die gleiche ist, haben wir weltweit auch ähnliche Verhältnisse.
Das Problem tritt in allen Bereichen auf, Bildung, Verteidigung, externe Kosten, meritorische Güter, öffentliche Güter etc. wo der Staat eine Leistung anbietet. Kritisch beäugt wird die staatliche Tätigkeit schon seit Adam Smith in dem 1776 erschienen Werk Wealth of Nations. Eine generelle Lösung für diese Art von Problemen gibt es nicht. Milton Friedman z.B. schlägt eine vollständige Privatisierung der Bildung vor, davon hält der Autor gar nichts. Nachdenken kann man aber z.B. darüber, ob der Bachelor nicht als Zugangsvoraussetzung für das Referendariat an Gymnasien ausreicht. Beim Markt für Rechtsberatung wäre der Bachelor LL.B bzw. der Master LL.M dem Rechtsanwalt gleichzustellen, zumindest in dem Bereich, wo eine Spezialisierung vorliegt. Für den Bereich der Spezialisierung, z.B. Medizinrecht, wäre eine Zulassung zum Richteramt zu gewährleisten, wenn die entsprechende Zusatzqualifikation vorliegt. Jemand mit einer Doppelqualifikation Medizin / Medizinrecht ist kompetenter, in diesem Bereich, als ein Volljurist, der nicht mal über naturwissenschaftliche Grundkenntnisse verfügt. Spielen Bilanzen in einem Verfahren eine Rolle, dann traut der Autor einem Diplom Kaufmann mit einer Spezialisierung in Wirtschaftsrecht mehr zu, als einem Familienrichter, der nebenbei mal ein Verfahren im Bereich Wirtschaftsrecht führt. Die Liste lässt sich fortsetzen.
Rebus sic stantibus scheint dem Autor auch das Argument, dass eine gewisse Besoldungshöhe / Vergütung notwendig sei, um dem Justizsystem öffentliche Anerkennung zu verschaffen nicht wirklich überzeugend. Ein System, das via Urheberrecht ein öffentlich zelebriertes Harakiri veranstaltet und sich offensichtlich weigert, denn von allen politischen Parteien, bzw. den von verschiedenen Justizministern geforderten und in konkreten Gesetzen zum Ausdruck gebrachten Willen dann tatsächlich auch mal zu vollstrecken, braucht sich nicht darüber wundern, dass das Ansehen der Justiz sinkt. Weder der § 97 a UrhG (Beschränkung auf 100 Euro) noch diese Initiative, Urheberrecht: Bundestag streitet über Anti-Abzock-Gesetz wäre nötig gewesen, wenn § 97a UrhG, so angewendet worden wäre, wie es tatsächlich dasteht und der Wert eines urheberrechtlich geschützten Werkes korrekt ermittelt worden wäre und sich an diesem Wert auch der Streitwert der Abmahnung ableitet. Stattdessen hat die Justiz sich aktiv an der Förderung der "Geschäftsmodelle" der Abmahn- und Gegenabmahnindustrie beteiligt.
Bei einem derartigen Totalversagen kann es nicht darum gehen, über eine Besoldung / Vergütung das Ansehen der Justiz zu schützen. Hier wäre der erste Schritt, marktwirtschaftliche Verhältnisse durchzusetzen und Justitia auf den Pfad der Rechtschaffenheit, der Vernunft und der Ehrlichkeit zurückzuführen.
Auch der Begriff Ökonomisierung der Justiz, wie ihn der deutsche Richterbund so gerne verwendet, siehe hier Zur Bedeutung der Qualitätsdiskussion im Reformprozess trifft da den Nagel auch nicht wirklich auf den Kopf. Von Ökonomisierung der Justiz würde der Autor dann sprechen, wenn die Justiz zum Selbstbedienungsladen qua Phantasiepreisen umgedeutet wird. Der Versuch, mittels der Instrumente der Kosten- und Leistungsrechnung, siehe Kritische Reflexion über die Kosten und Leistungsrechnung Vorgänge transparent zu machen, ist keine Ökonomisierung. Es liegt bei Richtern ein grundsätzlich falsches Verständnis der Kosten- und Leistungsrechnung vor, was auch hier, siehe Binnenmodernisierung zwischen
Ökonomisierung und Unabhängigkeit und in Tausend anderen Publikationen zum Ausdruck kommt. Die Kosten- und Leistungsrechnung misst lediglich, was IST, macht aber keinerlei Aussagen über Qualität, Angemessenheit der Menge etc.. Das ist überall so. Ein Softwareunternehmen kann mithilfe der Kosten- und Leistungsrechnung ermitteln, bei welchen Kostenstellen und welchen Kostenträgern, welche Kosten anfallen. Welche Schlussfolgerungen hieraus zu ziehen sind, steht auf einem völlig anderen Blatt. Extrem leistungsfähige Kostenstellen / Kostenträger können dann beerdigt werden, weil der Markt das nicht hergibt und extrem ineffiziente erweitert und vergrößert, weil der Markt das her gibt. Bei einer Budgetierung auf Basis der Kostenträger, zugewiesen wird Menge mal Preis des Vorjahres, kann es sogar passieren, dass DIE KOSTEN STEIGEN. Das ist in der öffentlichen Verwaltung ein Problem, weil manche Ämter, z.B. die Gesundheitsämter, einen Spielraum bei der "angebotenen" Menge haben. Sie können z.B. öfter Lebensmittelprüfungen durchführen, dann erhalten sie mehr Geld. Die Kosten- und Leistungsrechnung macht aber Vergleiche möglich. Man kann schlecht die Kosten des Produktes X im Amtsgericht A mit den Kosten von Produkt X im Landgericht B vergleichen, wenn man die Kosten gar nicht kennt. Lassen sich die Unterschiede sinnvoll erklären, ist es kein Problem. Ergeben sich die Unterschiede aber durch Ineffizienz, dann muss man das ändern. Qualität kann dann eine Rolle spielen, allerdings erfolgt hier die Bewertung nicht qua Automatismus. Wenn aber ein Richter regelmäßig doppelt so lange braucht, als sein Kollege und es mehr Probleme mit seinen Urteilen in der Öffentlichkeit gibt bzw. seine Urteile in höheren Instanzen öfter kassiert werden, dann kann man darüber nachdenken. Das Problem ist, dass Juristen betriebswirtschaftliches Grundlagenwissen fehlt. So was wie das ist schlicht kompletter Unsinn.
Von zentraler Bedeutung gerade auch unter dem Aspekt der drohenden Ökonomisierung der Justiz ist die Kosten- und Leistungsrechnung. Wie genau muss sie ausgestaltet sein, wie erfolgt Steuerung, welche Bedeutung kommt Kennzahlen hierbei zu, wie kann die Qualität abgebildet und bei Steuerung berücksichtigt werden, wo ist der Ort der Steuerung?
aus: Binnenmodernisierung zwischen Ökonomisierung und Unabhängigkeit
Die Kosten- und Leistungsrechnung macht so wenig eine qualitative Aussage wie eine Waage. Es ist für den Prozess des Wiegens völlig egal, ob Gold oder Eisen gewogen wird. Von daher berücksichtigt die Kosten- und Leistungsrechnung auch keine Qualitätsmerkmale. Da tut sie nie, in keinem Unternehmen. Wenn aber ein Richter des einen Amtgerichtes bei 100 Urteilen in Urheberrechtssachen 15 Stunden (bzw. den monetären Wert von 15 Stunden) pro Urteil braucht und ein anderer 10 Stunden und der mit 15 Stunden mehr öffentliche Kritik ermtet, als der mit 10 Stunden, dann kann man sich das schon mal anschauen. Frau Benz z.B. vom Amtsgericht Hannover hätte das Urteil, das dieser Analyse zugrundeliegt, auch in 30 Minuten schreiben können. 90 Prozent des Textes ist reines Blabla. Sie hätte sogar weniger Fehler gemacht, wenn sie sich beschränkt hätte. Es wäre deshalb nicht richtiger geworden, aber durch die Länge wurde es noch schrecklicher.
Den Schulungen der Amtsleiter in Controlling (operatives Controlling ist weitgehend identisch mit der Kosten- und Leistungsrechnung) anlässlich der Einführung von Controlling in der öffentlichen Verwaltung in Berlin war eine allgemeine Einführung vorangestellt. Der Autor hatte da ein wunderhübsches Beispiel mit einer WG erarbeitet. Da ging es um die Verrechnung der Putzmittel, der Miete (der Flur und die Küche musste auf die einzelnen WG Mitglieder aufgeteilt werden) und der Getränke, die zusammen gekauft wurden. Das wäre sinnvoll auch in der Justiz. Es macht wenig Sinn, dass sich ohne Ende Leute auf irgendwelchen Workshops treffen, die von dem Thema keine Ahnung haben und völlig wirres Zeug reden.